Schwarz-grüne Bildungspolitik: Hamburg kassiert später

CDU und Grüne in Hamburg wollen Studierende erst nach dem Studium zahlen lassen - und auch nur dann, wenn sie genug verdienen. Das Vorbild: Australien.

Weniger zahlen, und das später: Ein neues Studiengebührenmodell haben die Verhandlungsdelegationen von CDU (l.) und GAL ersonnen. Bild: dpa

BERLIN taz In dieser Woche loten CDU und Grüne in Hamburg weiter aus, ob die erste schwarz-grüne Koalition auf Landesebene stattfinden kann. In einem Punkt sind sich die Parteien am Wochenende bereits einig geworden: den Studiengebühren.

So soll ab Herbst in Hamburg ein neues Gebührenmodell gelten. Statt wie bisher 500 Euro zu Beginn des Semesters überweisen zu müssen, sollen die Studierenden nur 375 Euro pro Semester zahlen. Das Novum: Sie müssen ähnlich wie beim Bafög ihre Schulden erst begleichen, wenn sie ihr Studium abgeschlossen haben und mindestens 30.000 Euro im Jahr verdienen.

"Ein großes Dickschiff" sei auf den Weg gebracht worden, sagte CDU-Landeschef Michael Freytag. Da die Rückzahlung an den wirtschaftlichen Erfolg nach dem Studium gekoppelt sei, fielen auch die bisherigen Ausnahmeregeln weg, sagte Anja Hajduk, Landeschefin der Grün-Alternativen Liste (GAL). "Insofern ist das ein sehr viel bürokratiefreieres Modell." Selbst der Hamburger Asta-Vorsitzende lobte das Modell: "Wir sind erleichtert, dass das bisherige unsoziale Modell abgeschafft wird."

Details wollen CDU und Grüne erst später erläutern. Unklar ist etwa, ob und in welcher Höhe Zinsen auf die Gebührenschulden anfallen und wie die Behörden die Schuldner nach dem Studium im Auge behalten wollen.

So groß die demonstrative Einigkeit ist: Mit ihrer Wahlkampfforderung nach einer kompletten Abschaffung der Campusmaut haben sich die Grünen in Hamburg nicht durchsetzen können. Noch am Freitag tönte der hochschulpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Kai Gehring: "Die Grünen sind die Anti-Studiengebühren-Partei." Das gilt nun nicht mehr.

Das in Hamburg angestrebte Modell sogenannter nachgelagerter Studiengebühren hatten Bildungspolitiker in den vergangenen Jahren immer wieder als sozial verträglichere Variante ins Gespräch gebracht. Vorbild ist Australien, wo seit 1989 im Nachhinein Gebühren fällig werden. In Deutschland wurden dagegen seit Herbst 2006 in sieben Bundesländern Gebühren eingeführt, die sofort anfallen. Der Vorteil: Die Unis müssen nicht lange auf ihr Geld warten.

Das könnte nun in Hamburg zum Problem werden. In den nächsten Jahren fehlen den Hochschulen rund 45 Millionen Euro jährlich, für die sie Kredite aufnehmen müssen. Die Zinsen dafür soll der Senat bezahlen.

Das bundesweite Aktionsbündnis gegen Studiengebühren zweifelt an der sozialen Ausgewogenheit des Hamburger Modells: "Auch nachgelagarte Gebühren sind Gebühren." Das Vorbild Australien zeige, dass auch diese Gebührenvariante zu sozialer Selektion führen könne.

In der Tat hat das australische Modell in den Augen vieler Beobachter seit seiner Einführung vor fast 20 Jahren eine kritische Entwicklung genommen. Sofortzahler erhielten nicht nur einen Nachlass auf ihre Gebühren, sondern auch einen leichteren Zugang zu den Universitäten. Während die Gebühren auf 2.000 bis 4.000 Euro pro Jahr anstiegen, zog sich der Staat immer stärker aus der Finanzierung der Unis zurück.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.