Sozialisten im Umfragetief: Krise keine Chance für die Linke

Viele wollen in der Krise linke Wirtschaftspolitik. Oskar Lafontaine könnte frohlocken. Doch nach neuen Umfragen profitiert die Linkspartei von dieser Stimmung nicht.

Linke-Wimpel ohne Fans. Bild: dpa

CDU-Politiker kritisieren kleinlaut den Finanzkapitalismus. In den Leitmedien zerbricht man sich den Kopf, ob es nicht besser wäre, Banken teilweise zu verstaatlichen. Der Neoliberalismus ist bankrott. Eigentlich müsste es der Linkspartei blendend gehen. Mit Oskar Lafontaine, der schon als Finanzminister vor der deregulierten Finanzindustrie gewarnt hatte, verfügt sie über einen glaubwürdigen Frontmann. Inhaltlich, so die Vizechefin der Linken, Katja Kipping, "profitieren wir von der Krise".

Doch in Umfragen schlägt sich dies nicht so recht nieder. Forsa meldet zwar dramatisch ein Jahrestief von elf Prozent - aber das ist nur ein Prozent weniger als vor vier Wochen. Bei der Forschungsgruppe Wahlen lagen Lafontaine & Co Ende November ebenfalls bei elf Prozent. Emnid ermittelt aktuell unverändert 13 Prozent. Die Linke steht also nicht schlecht da. Aber: Die Krise nutzt der Linkspartei auch nicht.

Den Bundestagsabgeordneten Jan Korte überrascht das nicht sonderlich. "In Krisenzeiten orientieren sich die Leute oft an den Stärkeren", so der Realo zur taz. Ganz falsch wäre es nun, so Korte, wenn die Partei jetzt "radikal daherredet" oder darauf beharrt, dass man es ja immer schon gewusst hat. Gefragt seien praktische Schritte. Die Linkspartei will, dass Hartz IV auf 435 Euro erhöht wird und ein energisches Investionsprogramm - Forderungen, die man auch in liberalen Zeitungen lesen kann. Lafontaine & Co setzen auf traditionelle, antizyklische Konjunkturpolitik. Allerdings gibt es auch Stimmen, denen das zu wenig und zu staatsfixiert ist. Parteivize Katja Kipping meint zur taz: "Der linkskeynesianistische Kurs reicht nicht aus." Sie will ein bedingungslose Grundeinkommen - ohne Chance auf eine Mehrheit in der Parteispitze.

Für Ulrich Wilken stellt sich die Frage, ob die Krise der Linkspartei nutzt oder schadet, ganz konkret. Am 18. Januar wird in Hessen gewählt - vor einem Jahr nahm die Partei die Fünfprozenthürde nur ganz knapp. Wenn die Linkspartei den Sprung in den Landtag verfehlt, wäre dies ein schwerer Rückschlag für die Westausdehnung. Wilken, Parteichef in Hessen, kennt die Vorbehalte. "Man traut uns zu, Probleme zu benennen, aber nicht, sie zu lösen. Kein Wunder: Wir hatten ja noch keine Gelegenheit dazu." Die Linkspartei liegt in Hessen zwischen fünf und sechs Prozent. Es kann am 18. Januar also eng werden. Allerdings zeigt eine Umfrage auch, dass die Bindung der Wähler für eine Protestpartei erstaunlich eng ist. 92 Prozent der Linkswähler sind sicher, dass sie auf jeden Fall für sie stimmen werden. Nur die CDU hat prozentual eine vergleichbar enge Wählerbindung. Auch im Bund wollen 80 Prozent der Bürger, die 2005 für die Linkspartei votiert haben, sie wieder wählen - bei der CDU sind sich da nur 65, bei der SPD nur 50 Prozent sicher.

Bodo Ramelow glaubt nicht, dass die Krise zur Krise der Linkspartei wird. Die Gefahr, dass die Rezession rechte Proteste befördert, sei zwar real. Trotzdem steigen die Chancen der Linken, so Ramelow zur taz, wenn die Krise 2009 spürbar wird. Wenn Massenentlassungen und Einkommensverluste anstehen, komme die Bewährungsprobe für die Linke. Darauf, so Ramelow, müssen wir "konkrete, regionalwirtschaftliche Antworten geben".

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