NPDler ziehen in Kreistagsausschüsse ein: Neuer Eklat in Torgau

Nach umstrittenen Äußerungen eines CDU-Politikers kommt es zum nächsten Vorfall: NPD-Mitglieder werden mit fünf Stimmen in Ausschüsse gewählt, obwohl nur drei Rechte anwesend waren.

NPDler gewinnen an Einfluss in Nordsachsen. Bild: dpa

Die Konstituierung des Kreistags von Nordsachsen musste wegen der NPD unterbrochen werden. Denn die Rechtsextremen wurden am Mittwochabend mit jeweils fünf Stimmen in verschiedene Ausschüsse gewählt - obwohl nur drei NPDler anwesend waren. Der Fremdstimmen-Eklat bewog Landrat Michael Czupalla (CDU) dazu, die Sitzung zu unterbrechen. "Eine Provokation war zu erwarten. Das Landratsamt war nicht genug vorbereitet", kritisierte die grüne Kreistagsabgeordnete Gabriele Schneider.

Fast alle neu gewählten Abgeordneten waren in Torgau zu der Premierensitzung gekommen. Nach vier Stunden zog der wiedergewählte Landrat Czupalla die Notbremse. Offensichtlich überraschte die NPD die anderen Fraktionen. Zu Beginn des Wahlprozederes für die Besetzung der Ausschüsse lehnten die drei NPD-Herren, ihr vierter Mandatsträger fehlte, eine öffentliche Abstimmung ab und forderten geheime Wahlen. Mit Erfolg erwirkten sie auch, dass ihre Namen mit zur Abstimmung auf eine zweite Liste kamen. Rechtlich waren diese NPD-Anträge nicht zu beanstanden, da noch kein Antragsschluss herrschte, erklärte Schneider. Und betonte: "Das war alles blauäugig. Das Landratsamt hätte alle Möglichkeiten durchspielen, sich juristisch Beistand holen müssen."

In geheimer Wahl zog prompt NPD-Vertreter Jens Gatter mit fünf Stimmen in den Kreisausschuss ein, ein Selbstverwaltungsorgan des Kreises. NPD-Kader Steffen Heller wurde - ebenfalls mit zwei Fremdstimmen - in den Gesundheits- und Sozialausschuss gewählt. Kandidaten der Freien Wähler fielen durch. Mehrere Fraktionen beantragten daraufhin eine Unterbrechung der Sitzung.

Nach gut zwanzig Minuten erklärte Czupalla: "Ich kann es nicht zulassen, dass eine Fraktion nicht in den Ausschüssen berücksichtigt wird." Gegen den Wahlvorgang will er Widerspruch einlegen, sagte er und vertagte die Sitzung. Bis spätestens 17. September muss die Kreistagssondersitzung einberufen werden.

"Im Kreistag gibt es keine geschlossene Anti-rechts-Front", frohlockte NPDler Heller. Die Äußerungen des stellvertretenden CDU-Fraktionschef Roland Märtz, NPD-Anträge künftig nicht mehr prinzipiell abzulehnen, hätte vorab offenbart, dass die "Ausgrenzungshysterie auch in den etablierten Parteien nicht nur Freunde hat", sagte Heller weiter.

"Hier wurde das sich anbahnende Problem nach Märtz Stellungsnahme nicht ernst genommen", sagte Andreas Jahnel, Pressesprecher der Grünen-Landtagsfraktion. Kerstin Köditz von der Linksfraktion im Dresdener Landtag konstatierte: "Den Worten von Märtz sind jetzt Taten gefolgt."

Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer stellte sich am Mittwoch noch vor den Kommunalpolitiker Märtz. Die Vorwürfe gegen den Fraktionsvize seien unbegründet, sagte er Spiegel Online. Die Redaktion hatte nachgefragt, weil Märtz in der taz zuvor gesagt hatte: "Wenn die NPD Vorschläge hat, die für den Kreis gut sind, gibt es keinen Grund, sie abzulehnen." Gegenüber Spiegel Online hob Kretschmer hervor: "Nie wird ein CDU-Politiker in Sachsen für die NPD stimmen." Doch gegenüber dem Online-Medium wiederholte Märtz, dass er dies sehr wohl tun würde - wenn der NPD-Antrag sachlich sei.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.