Nach der Pleite der City-BKK: SPD leugnet eigene Gesundheitspolitik

Die SPD attackiert Schwarz-Gelb wegen weiterer Kassenpleiten, die drohen könnten. Dabei vergisst die Partei, dass sie selbst ökonomischen Wettbewerb und Kassensterben befürwortet hat.

Schlange stehen vor einer Berliner AOK-Filiale: City BKK-Kunden. Bild: dapd

BERLIN dpa/taz | In der Debatte um die pleitegegangene City BKK hat die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles den Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) zu mehr Härte gegenüber den Krankenkassen aufgerufen. "Bahr kann nicht nur lamentieren, sondern muss den Kassen auf die Pfoten hauen", sagte sie der Welt. Den Kassen, die zahlreichen City-BKK-Mitgliedern die Aufnahme verweigert hatten, obwohl sie dazu gesetzlich verpflichtet sind, warf Nahles vor: "Was die Krankenkassen derzeit veranstalten, ist sozialer Irrsinn."

Nahles erwartet weitere Kassenpleiten. Schuld sei die jetzige Bundesregierung: "Jetzt entsteht ein unheilvoller Wettbewerb unter den Kassen, nur noch gesunde, junge Gutverdiener aufzunehmen, um keine Zusatzbeiträge oder nur niedrige zu erheben." Dass es ihre eigene Partei und deren Gesundheitsministerin Ulla Schmidt waren, die den Kassen genau diesen Wettbewerb ein Jahrzehnt lang gepredigt hatten, sagte sie nicht.

Die Zusatzbeiträge waren 2007 von Schmidt ausdrücklich mit der Begründung eingeführt worden, dass nun offensichtlich werde, welche Kassen zu wirtschaften verstünden und welche nicht. Schmidt erklärte damals sogar, 50 bis 60 gesetzliche Kassen, also etwa ein Drittel der derzeit bestehenden, seien ausreichend.

Von ihrem einst politisch gewollten Kassensterben wollte Schmidt am Wochenende nichts mehr wissen: Der von Schwarz-Gelb beschlossene ungebremste Anstieg der Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenversicherung stelle den bisher "größten Angriff auf den Solidargedanken in der Geschichte der deutschen Sozialversicherung" dar, sagte sie dem Nordbayerischen Kurier. Während ihrer Amtszeit seien die Zusatzbeiträge zumindest begrenzt gewesen. Union und FDP dagegen hätten alle Beschränkungen aufgegeben.

Der Gesundheitsminister Bahr bekräftigte unterdessen sein Ultimatum an die Kassen. Eine Kassen-Task-Force hatte am Donnerstag angekündigt, es würden alle rund 170.000 Versicherten der Pleitekasse aufgenommen. Bahr legte dennoch nach: "Wenn die Kassen nicht schnell einen reibungslosen Ablauf garantieren, werden wir in der kommenden Woche beraten, welche gesetzgeberischen Maßnahmen nötig sind", sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. "Auch Sanktionen will ich nicht ausschließen."

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