Angeblicher Plan für höhere Mehrwertsteuer: Union in der Schuldenfalle

In der Unions-Fraktion soll es Überlegungen geben, den Mehrwertsteuersatz für Grundnahrungsmittel drastisch zu erhöhen. Die Parteispitze dementiert.

Mehr Geld für Nahrung - in der Union wird das offenbar diskutiert. Bild: dpa

BERLINtazIn der Union ist, angesichts des Haushaltslochs von mindestens 86 Milliarden Euro 2010, eine Debatte über Steuererhöhungen und Sozialkürzungen ausgebrochen. Die Bild-Zeitung hatte am Donnerstag unter Berufung auf anonyme Unionskreise gemeldet, dass es in der Fraktion Überlegungen gibt, den Mehrwertsteuersatz für Grundnahrungsmittel drastisch zu erhöhen und den Mietzuschuss für Hartz IV-Empfänger zu kürzen. Die Unionsspitze dementierte heftig. Die CSU bezeichnete die Meldung als "Schwachsinn", die CDU als "absoluten Unsinn". CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla versicherte, dass die Mehrwertsteuer nicht erhöht werde und man "die Menschen entlasten und nicht belasten" werde.

Wie die Union bei rapide sinkenden Steuereinnahmen, rapide steigenden Ausgaben für Arbeitslose und der schon 2011 greifenden Schuldenbremse auch noch Steuern senken will, verriet Pofalla nicht.

Der finanzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Otto Bernhardt, sagte der taz, er halte es nicht für sinnvoll, die Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel zu erhöhen. In allen EU-Staaten gebe es einen geringeren Satz für Grundnahrungsmittel. Selbst wenn die Union das in Deutschland ändern wolle, sei dies "politisch nicht durchsetzbar", weil damit Hartz-IV-Empfänger, kinderreiche Familien und Kleinrentner stark belastet würden. Die Meldung der Rheinischen Post, dass er die Mehrwertsteuererhöhung von Grundnahrungsmittel unterstütze, wies Bernhardt als falsch zurück.

Allerdings gab es in der Union schon mal Überlegungen, einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz zu schaffen. Der schleswig-holsteinische Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) hatte dies 2006 vorgeschlagen und kalkuliert, dass sich damit 14 Milliarden Euro einnehmen ließen.

Bernhardt, der im nächsten Bundestag nicht mehr vertreten sein wird, hält Steuererhöhungen für wahrscheinlich. "Wenn wir die Ausgaben nicht entscheidend reduzieren, kommen wir um Steuererhöhungen nicht herum", sagte der CDU-Politiker. Damit liegt der Finanzpolitiker quer zu den Wahlkampfplänen der Union, die versichert, keine Steuern zu erhöhen und im Gegenteil sogar Steuererleichterungen in Höhe von 20 Milliarden Euro verspricht.

Die Debatte zeigt, wie hochnervös die Union nach der Präsentation der gigantischen Neuverschuldung ist. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte in dieser Woche dargestellt, dass der Staat in den nächsten vier Jahren 310 Milliarden neue Schulden aufnehmen muss - die Kosten für die Bankenrettung ist darin noch gar nicht eingepreist. Diese Zahl bringt nun die Union in Zugzwang, halbwegs plausibel zu erklären, wie sie gedenkt, trotz des Haushaltslochs auch noch Steuern zu senken. Selbst wenn die Bild-Meldung nicht korrekt ist, so zeigt die Diskussion doch den wunden Punkt des Unionwahlkampfs. Die Union hat die Schuldenbremse forciert, die schon 2011 zu massiven Einsparungen zwingen wird. Noch mehr Schulden als die von Steinbrück angekündigten kann sich gerade die Union nicht leisten. Wenn sie die Schulden nicht erhöht, Steuern senken will, bleibt bei anhaltend düsteren wirtschaftlichen Aussichten nur ein Weg übrig: die Sozialausgaben rabiat zu kürzen.

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