Prozesse gegen G8-Gegner: Vermummung mit der Regenhose

Behörden zerren G-8-Kritiker mit "unsinnigen" Vorwürfen vor Gericht, sagen linke Gruppen. Zu Beginn der Prozessverhandlungen veranstalten sie eine Solidaritäts-Demo.

Ihnen kann man wohl keine Vermummung vorwerfen. Bild: dpa

BERLIN taz Der Kampf gegen den G-8-Gipfel geht weiter - auf den Straßen und in den Gerichtssälen Rostocks. Ein Bündnis mehrerer linker Gruppen hat am 17. November eine Demonstration in der Küstenstadt angemeldet. "In diesen Wochen beginnen viele Prozesse von Leuten, die während der Proteste in Heiligendamm und Rostock festgenommen wurden", sagt Viviana Uriona von Attac Rostock. "Mit der Demo wollen wir uns solidarisch erklären." Die Veranstalter rechnen mit "einigen hundert" Teilnehmern aus ganz Deutschland, vor allem aber aus dem Raum Hamburg und Berlin.

Neben Attac mobilisieren Gruppen wie Solid Rostock, die offene linke jugendgruppe rostock oder der Verein Rote Hilfe. Im Internet (www.antirep.blogsport.de) begründen die Organisatoren den geplanten Protest mit einer "groß angelegten Aufrüstung von Polizei und Repressionsbehörden" nach dem G-8-Gipfel in Heiligendamm. Die Tatbestände, die die Staatsanwaltschaft gegen Aktivisten konstruiere, seien teilweise "völlig unsinnig", sagt Dieter Rahmann von der Prozessbeobachtungsgruppe. "Einmal war sogar eine Regenhose als Vermummungsgegenstand angegeben. Natürlich kam es nicht zum Strafverfahren."

Von Polizei, Staatsanwaltschaft und Innenministerium war am Mittwoch keine Stellungnahme zu den anstehenden Prozessen zu bekommen - Mecklenburg-Vorpommern feierte Reformationstag. Rechtsanwältin Anna Luczak, die mehrere G-8-Gegner vertritt, beklagt, dass die Stadt Rostock sehr viele niedrig angesetzte Bußgeld- und Strafbescheide in die ganze Republik verschickt. Für sie ist das Taktik: "Viele zahlen lieber, als sich einen Anwalt zu nehmen", sagt Luczak. "Wegen 50 Euro Bußgeld oder 20 Tagessätzen à 10 Euro macht sich ja keiner den Stress, zu einem Gerichtsverfahren nach Rostock zu fahren."

Laut einer Liste, die Luczak und andere Anwälte erstellt haben, hat bisher über ein Dutzend Verfahren begonnen. Es könnten hunderte dazukommen, vermutet Prozessbeobachter Rahmann. "Die Prozesse sind für die Polizei ein Mittel, die massenhaften Festnahmen im Nachhinein zu rechtfertigen."

Die Sammelstellen der Behörde waren während der G-8-Wochen im Juni jedenfalls gut gefüllt: Die Polizei nahm rund 460 Protestierende fest. Fast 650 Menschen kamen in Gewahrsam, wurden also bei Demos vorbeugend festgesetzt, weil sie Vermummungsgegenstände dabei hatten oder die Polizei Ausschreitungen befürchtete. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) sagte Anfang Oktober, die Polizei bearbeite 1.120 Strafanzeigen und knapp 300 Ordnungswidrigkeiten. Gut 1.000 Verfahren seien an die Staatsanwaltschaft Rostock abgegeben worden.

Glaubt man den Worten des Innenministers, ist ihm die Arbeit der Prozessbeobachter sehr willkommen. Jeder, der sich in seinen Rechten verletzt sehe, solle die "in unserem Rechtsstaat möglichen Wege" beschreiten, sagte Caffier. "Nur so habe ich die Gelegenheit, unberechtigte Vorwürfe zu entkräften und bei berechtigten Verfehlungen die Konsequenzen zu ziehen."

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