Nach Protesten in Österreich: Umstrittener Bischof gibt auf

Auf Druck der Kirchenbasis und der Medien hat Österreich ein Problem weniger. Gerhard Maria Wagner wird nun nicht zum Bischof geweiht.

Harry-Potter-Romane? Satanszeug! Meint zumindest Gerhard Maria Wagner. Bild: dpa

Gerhard Maria Wagner, der umstrittene designierte Weihbischof von Linz, wird nun doch nicht zum Bischof geweiht. Er gab überraschend dem Druck der oberösterreichischen Basis und der Medienöffentlichkeit nach und machte Sonntagabend "aus freien Stücken" einen Rückzieher. Er ersuchte den Papst um Rücknahme seiner Bestellung. Dieser habe auch angenommen, vermeldete die katholische Nachrichtenagentur Kathpress.

In den vergangenen Tagen hatten die Proteste zugenommen. Oberösterreichische Geistliche wollten Unterschriften gegen Wagner sammeln. Eine zunehmende Anzahl von Gläubigen erklärte ihren Kirchenaustritt oder konvertierte zum in Österreich minoritären protestantischen Glauben. Für die Weihe, die am 22. März im Linzer Mariendom zelebriert werden sollte, waren zahlreiche Aktionen geplant. So sollten mehr Gläubige vor dem Dom demonstrieren als drinnen am Hochamt teilnehmen. Bei den Ministranten sollten besonders viele Mädchen eingesetzt werden. Denn es ist bekannt, dass Wagner in seiner Pfarre Windischgarsten keine Messdienerinnen duldet. In Österreich gibt es nur einen Präzedenzfall, dass ein bestellter Bischof seine Weihe nicht antritt.

Wagner, der für Kopfschütteln und Aufregung gesorgt hatte, weil er die Harry-Potter-Romane für Satanszeug hält und Naturkatastrophen wie den Tsunami oder das Hochwasser von New Orleans für die gerechte Strafe eines rächenden Gottes für lasterhaftes Leben deutet, war Ende Januar vom Pontifex maximus in Rom am Dreiervorschlag der Diözese vorbei bestellt worden. In der relativ liberal ausgerichteten Diözese Linz protestierten nicht nur die reformorientierte Bewegung "Wir sind Kirche", sondern auch die Dechantenkonferenz und eine Mehrzahl der Priester. Homosexuellenverbände und eine Anzahl prominenter Schwuler zeigten sich in Interviews verwundert, dass Wagner Homosexualität als heilbare Krankheit einstufte.

Zuletzt mussten einige Bischöfe ausrücken, um die wirren Thesen des Pfarrers zurechtzurücken. Die Kirche nimmt heute Homosexualität als natürlich hin, verlangt aber von den Betroffenen, ihre Sexualität nicht auszuleben, wenn sie ein christliches Leben führen wollen.

Das Getöse um den strengen Kirchenmann wurde international vor allem deswegen wahrgenommen, weil die Berufung gemeinsam mit den Versöhnungsgesten des Papstes in Richtung der reaktionären Piusbruderschaft, die die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils ablehnt, als Kampfansage gegen liberale Tendenzen in der Kirche gedeutet wurde. Wagner wurde oft in einem Atemzug mit dem Holocaustleugner Richard Williamson genannt, dessen Interviews in Deutschland zur Staatsaffäre mutierten.

Die Erleichterung über den "freiwilligen" Verzicht des designierten Weihbischofs war von engagierten Laien bis in die Bischofskonferenz deutlich vernehmbar. Der Linzer Bischofsvikar Wilhelm Viehböck konstatiert eine "gewisse Entspannung der momentanen Situation". Andreas Khol, pensionierter ÖVP-Politiker und Mitbegründer einer katholischen Reforminitiative, outete sich in einer Fernsehdiskussion als "der glücklichste Mensch". Hans Peter Hurka, Sprecher der Plattform "Wir sind Kirche", wollte in derselben Debatte aber noch nicht Entwarnung geben. Die Probleme in der heimischen Kirche seien noch nicht gelöst. In den nächsten vier Jahren müssen vier Diözesanbischöfe aus Altersgründen ersetzt werden. Auch der konservative Kirchenflügel hat in Österreich seine Anhänger, wie die zahlreichen Solidaritätsbekundungen für Wagner bezeugten.

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