Hinweise auf illegalen Bundestroyaner in Bayern: Hausdurchsuchung bei der Piratenpartei

Die bayerische Piratenpartei hat ein Dokument veröffentlicht, laut dem in Bayern illegal Onlinedurchsuchungen stattgefunden haben könnten. Nun wurde das Haus ihres Pressesprechers durchsucht.

Ob die Bayern schon da waren? Bild: dpa

Die Geschichte von Ralph Hunderlach hört sich an wie aus einem Paranoia-Thriller: Am Freitag morgen um Viertel vor sechs klopften Polizisten an die Tür des Münchener Computerexperten, durchsuchten seine Wohnung auf der Suche nach einem Informanten. Er solle seinen Quellen nennen, sonst würden sie alles mitnehmen, sollen sie dem Freelancer gedroht haben. Und das alles nur, weil er Pressesprecher der Piratenpartei Deutschlands ist - einer Gruppe von libertären Netzaktivisten, die sich in Deutschland und vielen anderen Ländern der Welt für ein freies Internet und Datenschutz einsetzen.

Eben jene Piratenpartei veröffentlichte im Januar 2008 ein Schreiben, das ihr nach eigenen Angaben von einem Mitarbeiter des Justizministerium zugespielt sein soll. Ein brisantes Papier - denn es legt nahe, dass in Bayern eine Schnüffel-Software auf dem Rechner eines Verdächtigen installiert werden sollte, um Skype-Kommunikation zu überwachen. Diese Maßnahme war schon so weit geplant, dass in dem Schreiben nurmehr die Kostenübernahme für die Installation der "speziellen Software" geklärt werden sollte, "mit deren Hilfe die relevanten Daten vor der Verschlüsselung "abgegriffen" und an das Bayer. Landeskriminalamt übersandt werden können", wie es in dem Schreiben vom Bayerischen Justizministerium an die Generalstaatsanwälte in München, Nürnberg und Bamberg heißt. Besonders prekär ist das Dokument, weil es schon von Dezember 2007 stammt - die Trojanerinstallation also konkret geplant wurde, weit bevor ein Gesetz zur Onlinedurchsuchung im Juli 2008 den bayerischen Landtag passierte.

Das bayrische Justizministerium bestätigte die Echtheit des aufgetauchten Schreibens nicht. Als die Piratenpartei das Papier Anfang des Jahres veröffentlichte, hielt sich die Aufmerksamkeit in Grenzen - erst jetzt, wo die Nachricht über die Hausdurchsuchung bei dem Piratenpartei-Funktionär die Runde in der Netz-Community machte, wurde auch eine breitere Öffentlichkeit darauf aufmerksam.

Das mag auch daran liegen, dass das Interesse der bayerischen Behörden an dem Fall für die Echtheit des Dokumentes spricht. Die Piratenpartei zumindest sieht die Hausdurchsuchung ihres Pressesprechers als eine Bestätigung dafür. "Diese Vorgehensweise kann man eigentlich nur als Repression gegen unsere politische Arbeit verstehen. Einige unserer Staatsdiener möchten den Überwachungsstaat wohl gerne ohne Wissen der Bevölkerung installieren", sagte Jens Seipenbusch, stellvertretender Vorsitzender der Partei.

In einer Pressemitteilung auf ihrer Homepage rückt die Piratenpartei den Fall gar in die Nähe des Cicero-Skandals - weil die Polizei bei Ralph Hunderlach ähnlich wie bei dem Presseskandal nach Hinweisen auf den Informanten aus dem Justizministerium gesucht haben soll. Und auch sueddeutsche.de berichtet, dass die Münchener Staatsanwaltschaft den Durchsuchungsbeschluss damit begründet, dass mit der Veröffentlichung des vertraulichen Schriftstücks das Dienstgeheimnis verletzt und die Arbeit der Ermittlungsbehörden behindert worden sei.

Strafrechtler Udo Vetter kritisierte den Vorfall. "Die bayerischen Behörden haben ohne jede gesetzliche Grundlage an einem Trojaner gearbeitet und versuchen jetzt, die Kritiker mundtot zu machen", sagte er gegenüber der Frankfurter Rundschau. Er kritisierte außerdem, dass der Pressesprecher laut Durchsuchungsbeschluss lediglich als "unbeteiligter Dritter", also als Zeuge eingestuft worden war. Angesichts dieser Tatsache nannte Vetter den Einsatz gegen Hunderlach in der Frankfurter Rundschau "völlig unverhältnismäßig".

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