G8 erwägen regelmäßige Laptop-Checks: Wenn Zöllner Copyright-Cops werden

Ein Urheberrechtsabkommen könnte dazu führen, dass Zöllner sich stärker für Daten interessieren: Sie sollen Laptops und MP3-Spieler Reisender auf Raubkopien prüfen.

Alle CD-Rechnungen von Songs auf dem ipod dabei? Bild: dpa

Als der Datenbankexperte Tom K. vor einigen Monaten aus den USA kommend nach Kanada einreiste, erlebte er am Flughafen etwas Neues: Der Beamte vom Zoll wollte einen Blick auf seinen Laptop werfen. K. sollte die Maschine anschalten, sich einloggen und dem Herrn von der Exekutive so die Durchsicht des Rechners erlauben. Mit etwas freundlicher Hilfe, berichtete K. später süffisant auf seiner Internet-Seite, gelang das dann auch: Der Zöllner schaute in den Ordner "Meine Bilder" und gab freimütig zu, er suche nach Pornographie. Als die nach einigem Hin und Her nicht zu finden war, durfte K., der sich die ganze Zeit über auf die Zunge gebissen hatte, endlich gehen: "Man muss ja bei diesen Leuten sehr aufpassen, die können einem beim Grenzübertritt ganz schnell den Tag versauen."

K. ist nicht der einzige Laptop-Träger, der in letzter Zeit mit einer neuen Taktik an den Grenzen der USA und Kanadas konfrontiert wurde. Mit zunehmender Regelmäßigkeit schauen die Beamten bei der Einreise (und manchmal auch bei der Ausreise) auf die mitgebrachten Rechner. Während die Kanadier es vor allem auf Kinderpornos abgesehen zu haben scheinen, gehen ihre amerikanischen Kollegen im Sinne der Heimatsicherheit vor. Hier scheint, so besagt es zumindest eine entsprechende Auskunftsersuchensklage der Netzbürgerrechtsorganisation EFF, die Terrorabwehr den Ton anzugeben. So gibt es den Fall eines IT-Beraters, der regelmäßig nach Europa und auch nach Asien reist - und bereits fünf Mal kontrolliert wurde. Sein "Vergehen": Er trägt einen pakistanischen Namen.

Was derzeit noch der Terror- und Verbrechensbekämpfung dient, könnte bald auch zur Raubkopiererhatz mutieren. Ein neues Urheberrechtsabkommen, genannt "Anti-Counterfeiting Trade Agreement" (Handelsabkommen gegen Produktfälschung, kurz Acta), das derzeit von den Ländern der G8 diskutiert wird, soll laut einem Bericht der kanadischen Nachrichtenagentur Canwest aus Zöllnern Copyright-Cops machen. Die Idee: Beim Grenzübertritt sollen sie noch deutlich regelmäßiger als jetzt auf die Inhalte von Computern, MP3- und Videospielern schauen, um festzustellen, ob ein Reisender illegal aus dem Netz geladenes Material einzuführen versucht. Wird dies erkannt, drohen der Einzug der entsprechenden Geräte, Strafzahlungen oder Klagen sowie die Möglichkeit, an der Grenze abgewiesen zu werden. Schlecht wäre das selbst für jene, auf deren iPods legitim "gerippte" Inhalte liegen - also Aufnahmen, die von zuvor gekauften CDs auf den Musikspieler übertragen wurden, was, wenn dabei kein Kopierschutz umgangen wird, in vielen Ländern nach wie vor völlig legal ist. Das Problem: Dies ließe sich dann beim Grenzübertritt schwerlich nachweisen, weil fast niemand seine Musikalbenrechnungen mit sich herumträgt.

Noch wird ACTA, das auch mehrere Verschärfungen bei der Kontrolle des Internetverkehrs vorsieht, nur diskutiert. Es soll beim G8-Treffen in Tokio im Juli aber auf den Tisch kommen. Ein Auszug des Abkommens, der auf der Whistleblower-Website "Wikileaks" auftauchte, enthält allerdings drakonische Maßnahmen, die klar die Handschrift der Hollywood- und Musikindustrieverbände MPAA und RIAA tragen. Aus deren Ecke heißt es, Ziel solcher und ähnlicher Verträge sie stets, die globale Piraterieindustrie zu stoppen. Es gehe um den Schutz der Kreativen, von Künstlern, Erfindern und Investoren.

Aus Europa sind Fälle der Durchsuchung von Laptops und iPods bislang nicht bekannt, allerdings werden entsprechende Maßnahmen zur Terrorabwehr und Verbrechensbekämpfung zumindest in Großbritannien debattiert. In Deutschland achtet der Zoll beim Grenzübertritt aber beispielsweise darauf, ob ein Reisender kopierte CDs oder DVDs dabei hat - ist dies der Fall, werden diese manchmal auch auf ihre Inhalte begutachtet, um illegales Material sicherzustellen.

Die Laptop-Durchsuchungen in den USA und in Kanada haben inzwischen dazu geführt, dass Firmen, die mit sensiblen Daten zu tun haben, ihren Mitarbeitern empfehlen, mit leerer Festplatte zu reisen und sich dann bei der Ankunft über gesicherte Netzwerke mit den notwendigen Daten zu versorgen. Auch die Verschlüsselung hilft nicht unbedingt: Die Zöllner fordern den Betroffenen dann einfach zur Herausgabe des Passwortes heraus.

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