Elektronischer Ball ist marktreif: Adidas holt zum großen Schlag aus

Erste Tests mit dem Ortungssystem für Fußbälle in Japan waren erfolgreich. Nun hofft Adidas, mit seinem neuen Ball die Konkurrenten an den Rand zu drängen.

Sputnik im Ball - für die totale Ballkontrolle. Bild: reuters

KÖLN taz An Orten, wo die Supermächtigen dieser Welt verkehren, fühlen sich auch Fußballfunktionäre wohl. Es gibt also kaum einen passenderen Tagungsort für die Mitglieder des International Football Association Board (Ifab) als das schottische Luxushotel Gleneagles. Hier trafen sich 2005 die mächtigsten Staatschefs zum G-8-Gipfel, für den kommenden März ist hier mit der Ifab das oberste Gremium der Regelhüter des Fußballs verabredet. Tatsächlich könnte dann eine ewig wiederkehrende Frage des Spitzenfußballs für immer beantwortet werden: War der Ball im Tor oder nicht?

Denn ein zentraler Punkt auf der Agenda für das Treffen sind neue Beratungen über die Einführung der "Chip-im-Ball"-Technologie. Bei der Klub-WM Mitte Dezember in Japan ergab ein letzter Versuch mit dem System "sehr zufrieden stellende Ergebnisse", sagt Oliver Braun von der Firma Cairos Technologies, die seit rund einem Jahrzehnt an der Technik werkelt. Das Produkt ist offenbar marktreif.

Eine vom Erlanger Fraunhoferinstitut entwickelte Technologie hatte sich zuvor als zu störanfällig entpuppt. Angeblich zeigte das System während der U17-WM 2005 in Peru in einem Spiel, das 1:0 endete, sechs Treffer an. Es war ein peinlicher Reinfall. Die neue Technologie arbeitet statt mit Mikrowellenempfängern mit Kabeln, die rund um die Sechzehnmeterräume im Boden versenkt werden. Ein identisches Drahtviereck wird - an der Grundlinie gespiegelt - hinter dem Tor vergraben. Darüber lassen sich Magnetfelder erzeugen, "die sich auf der Torlinie treffen", erklärt Oliver Braun. Der Ball fungiert als Magnetsensor, und eine Software erkennt am Verhältnis der beiden Felder zueinander, ob die Kugel die Torlinie überschritten hat oder nicht.

Schiedsrichter, Zuschauer und Spieler begrüßen die Perspektive einer Zukunft ohne Wembleytore gleichermaßen, ganz besonders erfreut über den Durchbruch von Japan ist man aber im Hause Adidas. Denn der deutsche Sportartikelriese hat den Ball entwickelt, in dem der Chip enthalten ist. Und diese Innovation könnte dem Unternehmen zu einem Coup auf dem Fußballmarkt verhelfen.

Denn Adidas stattet nicht nur Welt- und Europameisterschaftsturniere mit seinen Fußbällen aus, auch die Champions League spielt seit einigen Jahren mit dem Einheitsball aus Herzogenaurach. In der Bundesliga soll diese Form des Sponsorings 2009 eingeführt werden, neben Adidas bekunden Nike, Derbystar und Puma Interesse an der Bereitstellung eines Ligaballs. Mit dem Chip-im-Ball besitzt Adidas einen erheblichen Vorsprung, der mittelfristig auch Nike als Balllieferant der Premier League, der Serie A und der Primera Divison erheblich ärgern könnte.

Adidas PR-Chef Oliver Brüggen erklärt auf Anfrage: "Ich bitte um Verständnis, dass wir zu der Möglichkeit, ob andere Hersteller den Chip implementieren können, nicht äußern werden." Auch Fifa-Sprecher Andreas Herren mag nur Vages sagen zu dem brisanten Thema: "Mit der ganzen Sache sind Fragen des geistigen Eigentums verbunden. Diese Fragen sind vom Ifab noch nicht entschieden worden." Natürlich meldet sich da die Erinnerung an die überaus engen Verbindungen zwischen Fifa-Boss Sepp Blatter und dem Herzogenauracher Sportartikler. Zumal Blatter ("Solange ich Fifa-Präsident bin, wird es keinen Videobeweis geben!") technische Schiedsrichterhilfen bis zum Einstieg von Adidas in die Chiptechnologie rigoros ablehnte.

Vermutlich wird eine theoretische Möglichkeit bestehen, die Lizenz zur Verwendung des Chips gegen Gebühren zu erwerben. Es kursieren Gerüchte über horrende Summen. Ein kleinerer Hersteller wie Derbystar, der heute die Bundesligisten Werder Bremen, Energie Cottbus und den VfL Bochum ausstattet, würde aber wohl von der Bühne des Spitzenfußballs verschwinden. "Kein Kommentar", sagt Adidas-Mann Brüggen.

Dabei sind längst auch andere Techniken erfolgreich getestet worden. Das im Tennis etablierte Hawk-Eye kam versuchsweise in der Premier League zum Einsatz, in der Serie A in Bari ist ein funktionierendes Digitalkamerasystem ausprobiert worden. Die Spieler waren in Japan auch nicht begeistert vom technisierten Spielgerät. Die neue Plastikkugel sei "schwieriger zu kontrollieren und schwieriger für den Torwart zu halten", meint Clarence Seedorf vom AC Mailand.

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