Klimaschützer entdecken Bäume: Pflanzen gegen den Klimawandel

"Wikiwoods" oder "Plant for the Planet": Klimaschützer haben den Wald als Mittel entdeckt, Treibhausgase zu binden. Deshalb pflanzen Aktivisten weltweit Millionen von Bäumen.

Mein Freund, der Baum: die Unep will Milliarden davon pflanzen. Bild: dpa

BERLIN taz 5.000 Bäume für den Spechtwald: Klimaschützer greifen zum Spaten, um 20 Kilometer östlich von Greifswald Nadelholzmonokulturen in naturnahe Mischwälder zu verwandeln. Es ist die bisher größte Pflanzaktion der 2007 gegründeten Berliner Initiative Wikiwoods. Bislang schlagen bereits 2.740 Bäume dank der Arbeit von mehr als 200 Wikiwoods-Pflanzern Wurzeln. Und die Gruppe will ihre Arbeit deutlich ausweiten. "Kontakte nach Italien und in die Türkei sind bereits geknüpft", sagt Aktivistin Wiebke Hampel. Vorbild der virtuellen Plattform ist das Internetlexikon Wikipedia: Naturschützer, Förster und Baumspender vernetzen sich miteinander, um Pflanzungen zu organisieren.

Klimaschutz beginnt auch "an den Wurzeln": Bäume sind äußerst effektive Kohlendioxidspeicher und leisten einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen die Erderwärmung. Nach Erhebungen der Unep, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen, sind weltweit etwa 283 Milliarden Tonnen Kohlenstoff allein in der Biomasse der Wälder gebunden.

"Wir sind die Generation, die es noch schaffen kann, den Klimawandel aufzuhalten", sagt die Kenianerin Wangari Maathai. 1977 begann sie gemeinsam mit der weiblichen Landbevölkerung Bäume zu pflanzen. Das daraus entstandene Green Belt Movement hat mittlerweile mehr als 30.000 Frauen in zwölf afrikanischen Ländern durch eine Ausbildung etwa in Forstwirtschaft ein Einkommen gesichert - und "nebenbei" 30 Millionen Bäume gepflanzt. "Jeder kann ein Loch graben und einen Baum pflanzen, dafür braucht man nicht mal ein Diplom", sagt Maathai, die 2004 als erste Afrikanerin für dieses Engagement mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

2006 griff Unep die Idee auf und startete die Billion Trees Campain, die eine Milliarde neue Bäume zu pflanzen versprach. Ein voller Erfolg: Bis heute wurden weltweit mehr als 2,5 Milliarden Bäume gepflanzt. Die Kampagne steckte ihre Ziele höher: Ende 2009 will die Billion Trees Campaign sieben Milliarden Bäume gepflanzt haben. Zum Beispiel mit der Unterstützung des elfjährigen Felix Finkenbeiner aus Starnberg. Er gründete vor zwei Jahren die Schülerinitiative Plant for the Planet. Bis Ende 2009 wollen 200 Schulen eine Million Bäume pflanzen, um den Unep-Plan zu unterstützen. 135.000 Bäume sind bereits geschafft - gepflanzt entweder vor Ort durch die Schüler selbst oder durch Partnerinitiativen wie Plant for the Planet in Ecuador oder Bäume für Menschen in Namibia.

Mitunter können Aufforstungen dem Klimaschutz aber auch einen Strich durch die Rechnung machen: Zum Beispiel wenn ausschließlich Monokulturen gepflanzt werden, die anfälliger für Schädlinge sind als Mischwälder. Oder wenn Plantagen auf ehemaligen Äckern und Weiden weniger erwärmendes Sonnenlicht reflektieren als die offenen Flächen.

Wikiwoods arbeitet deshalb mit erfahrenen Partnern wie dem Naturschutzbund Deutschland (Nabu) zusammen und pflanzt nur in Naturschutzgebieten und FSC-zertifizierten Wäldern. FSC - das steht für Forest Stewardship Council, ein Zertifizierungssystem für Holzerzeugnisse aus nachhaltiger Waldwirtschaft. Es soll garantieren, dass nur so viel Bäume gefällt werden wie nachwachsen. Etwa 113 Millionen Hektar Waldfläche sind heute mit dem strengen FSC-Siegel zertifiziert. Alle Wikiwoods-Pflanzungen werden von Forstwirten begleitet, die ihr Wissen darüber weitergeben, welche Baumarten sich den jeweiligen Ökosystemen anpassen können.

Auch der Würzburger Verein Bergwaldprojekt lässt sich von erfahrenen Förstern unterstützen. Seit 15 Jahren reisen Freiwillige in Projektwochen in Naturparks wie die Alpen und nehmen Waldarbeiten oder Moorrenaturierungen vor.

Im November werden sowohl das Bergwaldprojekt als auch Wikiwoods mit dem Muna-Preis "Mensch und Natur" der Deutschen Bundesstiftung Umwelt ausgezeichnet. Das gibt Rückenwind für Klimaschutz, der offenbar auch noch Spaß macht. "Anders wäre wohl kaum zu erklären, warum man am Wochenende freiwillig zum Spaten greifen sollte, um hunderte Bäume zu pflanzen", sagt Hampel von Wikiwoods. "Es ist ein großartiges Gefühl, Veränderungen wachsen zu sehen".

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