Bahnprivatisierung: CDU drückt aufs Tempo

Die Union will, dass die Sozialdemokraten ihre Position zur Bahnprivatisierung klären. Die SPD-Linke ist gegen den Verkauf - ebenso wie die Mehrheit der Bevölkerung.

Die meisten Deutschen sind von der Privatisierung der Bahn nicht begeistert. Bild: dpa

BERLIN taz Die Union erhöht den Druck auf den Koalitionspartner SPD, um die umstrittene Bahn-Privatisierung zu forcieren. Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen forderte die Sozialdemokraten am Dienstag auf, ihre Position zu dem Vorhaben so schnell wie möglich zu klären. Wenn die SPD das nicht schaffe, stelle sich die Frage, was sie in der Koalition überhaupt noch hinbekomme. "Sollte die SPD an sich selbst scheitern, so hätten wir kein Problem, das im Wahlkampf zu thematisieren", sagte Unionsfraktionsvize Hans-Peter Friedrich. Allerdings lehnt die Mehrheit der Bevölkerung, anders als die Union, den Einstieg privater Investoren in das bundeseigene Unternehmen ab.

SPD-Chef Kurt Beck hatte am Montag angekündigt, dass seine Partei bis zur Sitzung des nächsten Koalitionsausschusses Ende April eine einheitliche Position zur Bahn-Privatisierung finden wolle. Die SPD-Linke lehnt das von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (beide SPD) favorisierte Holding-Modell ab. Dieses wird auch von Bahn-Chef Hartmut Mehdorn und Unionsvize Friedrich unterstützt. Nach diesem Modell bleibt das Schienennetz komplett beim Bund, während die Transportbereiche mit bis zu 49 Prozent an private Investoren veräußert werden. Kritiker fürchten, dass so die Rendite-Interessen von Investoren über die der Fahrgäste, Beschäftigten und Steuerzahler gestellt werden.

Kurt Beck hat am Montag das Thema zur Chefsache erklärt und eine Nähe zum Holding-Modell anklingen lassen. Er wolle den Einfluss privater Investoren auf das Netz verhindern, so Beck - ein solcher Einfluss auf die gesamte Bahn schloss Beck so nicht aus. Auf diese Linie hatte sich aber der SPD-Parteitag im Herbst verständigt.

Dass Beck das Thema zur Chefsache erklärt, verheißt für die Gegner der Privatisierung zunächst nichts Gutes. Wenn Beck seine Person mit einem Ja der Partei zum Verkauf verknüpfen sollte, könnten ihm viele Sozialdemokraten zähneknirschend zustimmen - um ihren Vorsitzenden nicht zu beschädigen. Zudem ist Beck für die Parteilinken derzeit Garant dafür, dass die Öffnung der SPD zur Linkspartei Bestand hat. Soll die öffentliche Bahn diesem Kursschwenk geopfert werden? Darauf könnte die SPD-Rechte setzen. Allerdings gäbe es keinen Grund für die Parteilinke, deshalb ihren bahnpolitischen Kurs zu überdenken - sie hat mit ihrem Stillhalten bei den Hartz-Reformen genug geschluckt.

Das privatisierungskritische Aktionsbündnis "Bahn für alle" setzt denn auch auf die sozialdemokratische Basis. "Im Moment ist noch nichts entschieden", sagt Bündnis-Sprecher Stefan Diefenbach-Trommer. Sollte sich die SPD gegen das Holding-Modell entscheiden, könnte sie im kommenden Wahlkampf mit dem Konzept einer Bürgerbahn punkten. "Die Menschen haben die Nase voll von Privatisierungen." RICHARD ROTHER

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