EU macht Druck auf Griechenland: "Die Privatisierung ist in Verzug"

Europas oberster Finanzminister Juncker wies Gerüchte über eine große Umschuldung Griechenlands zurück. Heute beraten die Finanzminister über Regulierung von Spekulation.

Die Finanzminister von Italien (Giulio Tremonti) und Frankreich (Christine Lagarde). Lagarde meint, Griechenland spare nicht genug. Bild: dpa

BEÜSSEL dpa/taz | Die EU setzt den Griechenland offen unter Druck. Um zugesagte Sparziele zu erreichen, soll Athen im laufenden Jahr noch mehr sparen und den Verkauf von Staatseigentum ankurbeln. Das beschlossen die Euro-Finanzminister in der Nacht zum Dienstag in Brüssel. "Die Privatisierung in Griechenland ist in Verzug, das muss sich ändern", forderte die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde.

Eine "sanfte" Umschuldung des Landes werde nicht mehr ausgeschlossen, sagte der Vorsitzende der Euro-Finanzminister, Luxemburgs Jean-Claude Juncker. Dazu können laut Diplomaten Laufzeitverlängerungen für Kredite oder Zinsverbilligungen gehören. Eine Umschuldung im größeren Stil, bei der auch private Gläubiger auf ihre Forderungen verzichten müssen, sei nicht debattiert worden, erklärte Juncker.

Juncker und EU-Währungskommissar Olli Rehn richteten zudem einen Appell an Athen, den Ernst der Lage zu erkennen. "Wir brauchen eine parteienübergreifende Vereinbarung wie in Portugal", sagte Juncker. Die Minister der Eurozone billigten am Montag ein Hilfspaket von 78 Milliarden Euro für Portugal. Die ersten Hilfen sollen bereits Ende Mai nach Lissabon fließen.

Schärfere Regeln für spekulative Finanzprodukte

Die Finanzminister aller 27 EU-Staaten wollen am Dienstag über schärfere Regeln für spekulative Finanzprodukte entscheiden. Dabei geht es unter anderem um Leerverkäufe. Bei einem Leerverkauf werden in der Regel Wertpapiere oder Devisen zu einem festgelegten Liefertermin verkauft, über die der Verkäufe im Moment des Vertragsabschlusses noch nicht verfügt. Im Idealfall können sie dazu dienen, geplante Geschäfte abzusichern. In vielen Fällen nutzen aber Spekulanten dieses Instrument, um mit wenig Einsatz aber großer Hebelwirkung auf den Verfall einer Währung oder Aktie zu wetten.

Prominentes Beispiel eines gescheiterten Leerverkaufs: Die Volkswagen-Aktie im Herbst 2008, deren Wert durch Spekulation kurzzeitig auf über 1.000 Euro kletterte. Die beteiligten Spekulanten verloren hierbei Milliarden. Sie hatten darauf gewettet, dass der Kurs fallen würde, doch es zeigte sich, dass kaum noch VW-Aktien auf dem Markt verfügbar waren, daraufhin verteuerte sich die Aktie immer weiter. In Deutschland entschied man sich, solche Blasen eindämmen zu wollen, deswegen wurden ungedeckte Leerverkäufe im Jahr 2010 verboten.

Auch der außerbörsliche Handel mit Kreditausfallversicherungen soll reguliert werden. Debattiert wird auch die Reform der grenzüberschreitenden Zinsbesteuerung in der EU – damit soll der Steuerflucht über die Grenzen hinweg ein Riegel vorgeschoben werden.

Juncker zur Causa Strauss-Kahn: "Das macht mich sehr traurig"

Juncker äußerte zudem sich betroffen über die Festnahme von IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn in New York wegen Vorwurfs der Vergewaltigung. "Das macht mich sehr traurig." Der Franzose sei ein guter Freund.

Der Euroclub nominierte den italienischen Notenbankchef Mario Draghi als neuen Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Französin Lagarde forderte, dass EZB-Ratsmitglied Lorenzo Bini Smaghi nun "mit Eleganz" seinen Platz für einen Franzosen räumen sollte. Es sei nicht logisch, dass zwei Italiener - Draghi und Bini Smaghi - in dem Spitzengremium vertreten seien. Amtsinhaber Jean-Claude Trichet aus Frankreich scheidet Ende Oktober aus.

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