Der Staat und die Hypo Real Estate: Hart oder sanft?

Die Expropriation der Bankrotteure lässt auf sich warten: Eine Runde im Kanzleramt tagte ergebnislos. Aber was ist das Problem bei Hypo Real Estate? Wer ist dieser renitente Investor?

Darf der Staat enteignen? Und genügt der Rettungsschirm für die Banken? Bild: reuters

Soll man die konkursreife Hypo Real Estate verstaatlichen? Dieses Problem beschäftigt die Regierung seit einigen Wochen - bisher ergebnislos. Auch am Mittwoch fanden die Kanzlerin und die zuständigen Minister zu keiner Lösung: "Entscheidungen wurden nicht getroffen", sagte ein Sprecher nach einem Treffen im Kanzleramt. "Jetzt folgen weitere fachliche Beratungen, in denen alle Optionen abgewogen werden." Das bedeutet auch: Offenbar wird weiterhin eine Verstaatlichung erwogen.

Die Hypo Real Estate (HRE) ist vor allem durch ihre irische Tochter Depfa in die Krise geraten. Diese hatte sich auf ein sehr riskantes Geschäftsmodell verlegt: Sie vergab langfristige Kredite für staatliche Projekte und, um die schmalen Renditen aufzubessern, refinanzierte sich nur kurzfristig bei anderen Banken. Dieser Trick funktionierte jedoch nicht mehr, als die Finanzkrise ausbrach. Die Depfa konnte sich kein Geld mehr leihen oder nur noch zu horrenden Zinsen, während sie zugleich ständig kurzfristige Kredite zurückzahlen musste.

Inzwischen hat die HRE Kredite in Höhe von 50 Milliarden Euro vom Staat und von anderen Banken erhalten; ferner hat der Staat Bürgschaften in Höhe von 42 Milliarden Euro übernommen. Doch selbst diese Rettungsmaßnahmen dürften nicht reichen. In Regierungskreisen heißt es, dass die HRE weitere 10 Milliarden Euro an Eigenkapital benötige.

Das Eigenkapital entscheidet, wem eine Firma gehört. Bei börsennotierten Unternehmen wird es von den Aktionären gestellt. Sollte der Staat Eigenkapital bei der Hypo Real Estate nachschießen müssen, wäre es nur konsequent, wenn er auch Eigentümer oder Miteigentümer würde.

Allerdings ist der Begriff "Verstaatlichung" mehrdeutig. Es gibt eine harte, aber auch eine sanfte Variante. Die harte meint: Enteignung. Sie wird vom Grundgesetz ausdrücklich erlaubt, wenn dies dem Wohl der Allgemeinheit dient. Allerdings muss eine Entschädigung gezahlt werden, die sich nach dem Marktpreis richtet. Viel ist die HRE jedoch nicht mehr wert: Rund 280 Millionen Euro bringt sie noch an der Börse, weil ihr Aktienkurs inzwischen bei ganzen 1,33 Euro liegt.

Die sanfte Variante wäre, die Aktien der alten Anleger zu "verwässern". Damit ist gemeint: Entsprechend seiner Kapitaleinlage erhält der Staat neue Aktien. Für die Altinvestoren ist diese Option ebenfalls nicht besonders erfreulich, denn beim jetzigen Aktienkurs würde der Staat dann rund 7,5 Milliarden Stammaktien erhalten - während bisher nur rund 211 Millionen Anteilsscheine zirkulieren.

Eine solche Kapitalerhöhung müsste von den bisherigen Aktionären genehmigt werden. Doch danach sieht es nicht aus. Widerstand könnte vor allem von dem US-Finanzinvestor Christopher Flowers kommen. Im vorigen Jahr hatte rund ein Viertel der HRE-Aktien für mehr als 20 Euro pro Stück erworben. Eine "Verwässerung" würde sie wertlos machen. Finanzminister Peer Steinbrück erwägt daher, das Aktiengesetz zu ändern und bei existenzbedrohenden Krisen auch gegen den Willen der Aktionäre eine Kapitalerhöhung zu ermöglichten.

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