Lobbyismus und "Berufsfreiheit": Fischer jobbt für Energiekonzerne

Nach Exkanzler Schröder und Exwirtschaftsminister Clement wechselt nun auch der Exaußenminister Joschka Fischer in die Energiebranche. Er wird PR-Berater für das Nabucco-Erdgasprojekt.

Erst Außenminister, jetzt Türöffner und Ehemann von Minu Barati: Joschka Fischer. Bild: dpa

BERLIN taz | Exbundesaußenminister Joschka Fischer soll als PR-Berater für das Erdgasprojekt Nabucco tätig werden, berichtet das manager magazin. Als Lobbyist soll Fischer das Vorhaben, über eine europäisch-zentralasiatische Pipeline Erdgas nach Europa zu transportieren, in Politik und Öffentlichkeit vorantreiben. Für das Engagement soll der ehemalige Außenminister einen Beratervertrag abgeschlossen haben, der ihm jährlich einen sechsstelligen Betrag als Vergütung sichert.

Damit ist Fischer nach Exbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Exwirtschaftsminister Wolfgang Clement (heute parteilos) ein weiterer ehemaliger Spitzenpolitiker, der in die Energiebranche wechselt. Schröder ist seit 2006 Aufsichtsratschef der im Bau befindlichen Ostsee-Pipeline zwischen Russland und Deutschland, Clement arbeitet als Aufsichtsrat der RWE-Kraftwerkstochter RWE Power AG.

Auf Nachfrage der taz lehnte das Büro von Fischer eine Stellungnahme zu dem Bericht ab. Auch führende Grüne im Bundestag wollten sich zu der pikanten Personalie nicht öffentlich äußern. Grünen-Pressesprecher Christoph Schmitz sagte der taz jedoch: "In Deutschland herrscht Berufsfreiheit. Da Herr Fischer nicht mehr Mitglied unserer Fraktion ist, muss er seine Tätigkeiten auch nicht bei uns anmelden." Allerdings sähen die Grünen bei dem Nabucco-Projekt eine Reihe von Fragen, die die Realisierung, Finanzierung und die ökologischen Auswirkungen betreffen.

Die noch in Planung befindliche Pipeline ist ein zentrales Zukunftsprojekt der europäischen Energieversorgung. Sie soll Europa ab 2014 über eine rund 3.300 Kilometer lange Leitung vom Kaspischen Meer über Österreich, Rumänien, Bulgarien und die Türkei mit Erdgas versorgen. Projektträger der voraussichtlich knapp 8 Milliarden Euro teuren Pipeline sind Energiefirmen aus den fünf Transitländern. Der deutsche Energiekonzern RWE wurde 2008 sechster Partner in dem Konsortium.

Das Vorhaben, dessen Name auf einen Opernbesuch nach dem Gründungstreffen des Konsortiums zurückgeht, ist politisch brisant: Der Streckenverlauf von Aserbaidschan nach Österreich zielt darauf ab, Öl und Erdgas an Russland vorbei nach Europa zu lenken. Damit will die EU ihre Abhängigkeit von russischem Erdgas verringern. Russland torpediert das Vorhaben.

Fischers Aufgabe als Berater ist es laut manager magazin, die Türkei freundlich zu stimmen, die das Projekt als eine Art Faustpfand zum EU-Beitritt betrachtet. Der Exbundesaußenminister genießt in der Türkei hohes Ansehen, weil er mit dem EU-Beitritt der Türkei sympathisiert. Im Juli soll ein Abkommen zwischen den fünf Transitländern unterzeichnet werden. Ein Sprecher von RWE äußerte sich "hoffnungsvoll, dass die Türkei dann auch zur Unterzeichnung bereit sein wird".

Bei der Realisierung kam es zu Verzögerungen, weil sich die Pipeline allein mit kaspischem Erdgas nicht wirtschaftlich betreiben lässt. Nabucco könnte deshalb auch Erdgas aus Iran, Irak und Turkmenistan transportieren. Allerdings gibt es keine Lieferzusagen.

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