Ex-Postminister Wolfgang Bötsch: "Mindestlohn stoppt Dumping"

Als Postminister trieb Bötsch (CSU) die Privatisierung voran. Er findet den Mindestlohn-Kompromiss vernünftig. Für das Jammern der Post-Wettbewerber PIN und TNT hat er kein Verständnis.

"Den Wettbewerb bringt man nicht durch schlechte Bezahlung in Gang". Bild: dpa

taz: Herr Bötsch, bedeutet der Mindestlohn für die Briefträger die Fortführung des Monopols für die Deutsche Post mit anderen Mitteln, wie die Konkurrenten das befürchten?

Wolfgang Bötsch: Nein, mit Sicherheit nicht. Es hat sich ja gezeigt, dass die Post-Konkurrenten mit Dumpinglöhnen den Wettbewerb schon vor dem Ende der Exklusivlizenz betrieben haben, die bis zum 31. Dezember dieses Jahres herrscht. Die Absicht der Liberalisierung des Postmarkts war ja nie, Wettbewerb dadurch in Gang zu bringen, indem man die Leute so schlecht bezahlt, dass sie ihren Lebensunterhalt nicht m können. Es geht um akzeptable Gebühren und akzeptable Löhne. Ich glaube, mit dem jetzigen Kompromiss ist das erreicht.

Und die Höhe des Mindestlohns von 8 Euro bis 9,80 Euro ist aus ihrer Sicht in der richtigen Größenordnung?

Das ist in etwa die richtige Größenordnung. Wobei ich eher in Richtung 8 Euro tendiert hätte als in Richtung 9,80 Euro.

Die Konkurrenten der Post, allen voran die PIN Group und TNT, warnen davor, dass bei ihnen durch den Mindestlohn Stellen verloren gehen. Sind diese Befürchtungen gerechtfertigt?

Vor solchen Warnungen halte ich nichts. Die Wettbewerber setzen ja nicht nur Briefverteiler ein. Sie betreiben ja oft Verbundsgeschäfte, etwa mit Zeitungen.

Die Deutsche Post sichert sich also nicht auf dem Umweg der Mindestlöhne ihre Pfründe?

Meine Politik der Liberalisierung als Postminister war ja nie so, dass ich gesagt habe, die Unternehmen der ehemaligen Bundespost müssen zerstört werden, damit auf ihren Trümmern die wahre Welt des Wettbewerbs errichtet wird. Ich war der Meinung, die Post braucht Wettbewerb, damit sie selbst innovativer und kostengünstiger wird. Und dann stört es mich nicht, wenn sie das zugunsten der Kunden wird, aber dennoch Marktführer bleibt. Die Konkurrenten der Post werden sich sicherlich weitere Marktanteile sichern, wenn die völlige Freigabe des Briefmarkts im Januar kommt.

Wenn Sie als CSU-Politiker und früherer Postminister den Mindestlohn in der Postbranche für richtig halten: Wie erklären Sie sich, dass sich die Union so lange hat bitten lassen?

Das liegt vermutlich daran, dass ich kein Mitglied der CDU/CSU-Fraktion mehr bin. Und ich einen noch freieren Kopf habe als früher. Wenn ich innerhalb der Fraktion gewesen wäre, hätte ich mich vielleicht schon früher für einen Mindestlohn eingesetzt. Aber ich wollte mir von außen Ratschläge verkneifen.

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