Umweltverschmutzung in China nimmt zu: Müllflut bedroht Yangtse

Chinas wachsende Abfallproduktion wird zu einem immer größeren Problem, auch für den Yangtse. Die Regierung setzt auf Müllverbrennung - und provoziert Proteste.

Riesige Müllberge schwemmen in den Yangtse - und gefährden den längsten Strom Chinas inzwischen ernsthaft. Bild: dpa

PEKING taz | Das Flutwasser des Yangtse-Flusses hat der Drei-Schluchten-Staudamm vorläufig gemeistert, auch wenn neue Regenfälle vorhergesagt sind. Doch nun droht ihm die nächste Flut: eine Müllflut. Rund 3.000 Tonnen an Ästen, Geröll, Styroporstücken und Plastikflaschen fischen Kräne und Helfer jeden Tag aus der Dammanlage. "Der Abfall könnte die Schleusentore verstopfen", befürchtet Chen Lei, Mitarbeiter der Drei-Schluchten-Damm-Gesellschaft. Schifffahrt und Wasserqualität seien schon beeinträchtigt.

Der durch Regenfälle angeschwollene Yangtse hatte Müll und Bäume von den Ufern mitgerissen. So staute sich ein 50.000 Quadratmeter großer und 60 Zentimeter dicker Abfallteppich vor dem Damm. Neben Mangel an Spezialbooten und Helfern ist laut Chen die größte Frage: Wohin mit dem ganzen Zeug?

Diese Frage stellt sich nicht nur am Yangtse. Zwar wächst Chinas Abfallproduktion mit rund 4,8 Prozent nur halb so schnell wie die Wirtschaft, aber die jährlich knapp 260 Millionen Tonnen kommunaler Abfall haben die vorhandenen Entsorgungsanlagen an ihre Grenzen gebracht. Zum allergrößten Teil landet der Müll auf Deponien. Verbrannt wird gut ein Fünftel, nur ein kleiner Rest wird recycelt. Die Deponien der Hauptstadt etwa sind nach Angaben von Wang Weiping vom Pekinger Komitee für Infrastruktur in vier Jahren voll. In kleineren Städten oder ländlichen Regionen existieren kaum staatlich betriebene Müllanlagen. Abfall wird dann in die freie Natur entsorgt - beispielsweise direkt in den Fluss.

Chinas Regierung setzt nun auf den Bau von Müllverbrennungsanlagen. Die Anlagen verbrauchen weniger Platz und können überdies Strom produzieren. Weitere Grundwasserverschmutzung durch die Deponien wird verhindert. Kritiker fürchten durch die Verbrennung jedoch noch größeren Schaden. "Herkömmliche Anlagen bringen eher mehr Nach- als Vorteile", sagt Mao Da, Abfallmanagementexperte der Nature University, einer Umweltorganisation in Peking. Bei Verbrennung von Plastik entsteht der Giftstoff Dioxin. Chinas gesetzliche Regelungen erlauben einen zehnmal höheren Dioxinausstoß als die EU-Staaten. Zudem bestehe der kommunale Müll zu über 50 Prozent aus Küchenabfällen. Deshalb reiche die bei der Verbrennung erzielte Energie kaum für die Stromerzeugung aus. Chinas Regierung müsse sich um gezieltere Lösungen bemühen.

Viel Vertrauen in die Müllverbrennung hat auch die chinesische Bevölkerung nicht. Seit 2008 sind in über 30 Städten, unter anderem in den Metropolen Peking, Schanghai und Guangdong, wiederholt Bürger gegen die Bauvorhaben auf die Straße gegangen - zuletzt Mitte Mai in der südchinesischen Stadt Dongguan, wo hunderte Menschen gegen eine geplante Ablage Sturm liefen. "Die beste Methode zur Müllhandhabung wäre mehr Sortierung und Recycling", meint Zhao Zhangyuan, pensionierter Mitarbeiter des Umweltministeriums. "Aber die Regierung muss die Initiative ergreifen."

Auch in der Hauptstadt Peking hapert es damit: Viele Wohnviertel haben zwar getrennte Abfallsammelbehälter, aber der Mülldienst kippt beim Abholen alles zusammen. Dass wenigstens Flaschen und Papier ansatzweise aussortiert werden, ist dem städtischen Sozialgefälle geschuldet: Zeitungen und Bierflaschen werden von ärmeren Menschen gegen ein paar Cent bei Kiosken und Sammelstellen eingetauscht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.