Einrichtungen zahlen an die Konzerne: Steuergeld für die Atomlobby

Das Geld kommt von vielen Seiten: Forschungseinrichtungen des Bundes, die Bahn und auch die Endlager-Baufirma zahlen Beiträge für Lobbyverbände der Atomindustrie.

Nicht uneigennützig: Die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe zahlt Geld an die Atomlobby. Bild: dpa

BERLIN taz | Steuergelder landen auch in den Kassen von Lobbyverbänden der Atomindustrie - in Form von Mitgliedsbeiträgen öffentlich geförderter oder sogar dem Staat gehörender Einrichtungen. Wie aus einer gestern bekannt gewordenen Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht, stehen etwa das Forschungszentrum Jülich, das Karlsruher Institut für Technologie und mehrere Helmholtz-Zentren auf der Mitgliederliste der Kerntechnischen Gesellschaft (KTG).

Beim Deutschen Atomforum werden zudem das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik und die Deutsche Bahn als Beitragszahler geführt. KTG und Atomforum sind unter anderem als Veranstalter der Jahrestagung Kerntechnik bekannt.

Das Helmholtz-Zentrum München, bis 2008 als Betreiber verantwortlich für die Schlampereien und Pannen im niedersächsischen Atommülllager Asse, ist seit 1964 Mitglied im Atomforum, seit 1983 in der KTG und hat an beide Verbände seit 2002 Beiträge in Höhe von rund 3.000 Euro überwiesen. Das zu 100 Prozent von Bund und Land geförderte Helmholtz-Zentrum Berlin zahlte seit 1971 mehr als 50.000 Euro.

Die Bahn hat seit 1963 schon mehr als 75.000 Euro für die Mitgliedschaft im Atomforum gezahlt. Ohnehin ist die Bahn eng mit der Atomwirtschaft verbunden. Im Bahnstrommix hat Atomkraft einen Anteil von rund 25 Prozent, die Bahn ist Mitbesitzer des AKW Neckarwestheim. Bahnchef Rüdiger Grube gehörte im August 2010 zu den 40 Erstunterzeichnern des "Energiepolitischen Appells" an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Damit setzte er sich persönlich für längere Laufzeiten von Atomkraftwerken ein.

Grüne kritisieren den Atomfilz

Die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe (DBE) ist seit Jahrzehnten außer im Atomforum und der KTG auch im "Wirtschaftsverband Kernbrennstoff-Kreislauf" Mitglied - in diesem 1976 gegründeten Verband sind rund 90 Prozent aller in der Atombranche tätigen Unternehmen organisiert. Die DBE überweist an die Lobbyvereinigungen jährlich mehr als 20.000 Euro.

Die DBE war ursprünglich ein Staatsbetrieb, in den 80er Jahren wurde sie privatisiert. Hauptanteilseigner ist mit 75 Prozent die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), eine Tochter der großen Stromkonzerne, die Castortransporte nach Gorleben und Ahaus abwickelt und dort atomare Zwischenlager betreibt. In Gorleben erkundet die DBE den Salzstock. Nach Vorgaben der Regierung und im Sinne der Anteilseigner, wie Kritiker befürchten. Weil sie hier schon mehr als 1 Milliarde investiert hat, stemmt sich die Atomindustrie dagegen, dass anderswo nach einem Endlager gesucht wird.

In Salzgitter rüstet die DBE im Auftrag des Bundes die frühere Eisenerzgrube Konrad zum Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll um. "Den Atomfilz, den gibt es noch", kritisiert Sylvia Kotting-Uhl, Atom-Expertin der Grünen. "Wohin die gefährliche Verquickung der Wissenschaft mit den harten Wirtschaftsinteressen der AKW-Betreiber führt, sieht man an der Asse."

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