Microsoft-Betriebssystem adé: Das Ende von Windows

Mit allen Mitteln versucht Microsoft, die Nutzer vom unbeliebten Betriebssystem Vista zu überzeugen. In seinen Labors bastelt der Softwarekonzern jedoch an etwas ganz anderem.

Ob er da schon vom Windows-Nachfolger träumte? Bill Gates bei einer Präsentation 1995. Bild: ap

Kaum eine Software hat derzeit ein schlechteres Image als das Microsoft-Betriebssystem Vista: Zu langsam sei der Nachfolger des beliebten Windows XP, es benötige zu viel Rechenleistung und biete insgesamt zu wenig Neues, als dass sich ein Umstieg lohne, heißt es von vielen Nutzern. Um das schlechte Bild in der Öffentlichkeit gerade zu rücken, versucht der Softwarekonzern es nun mit einer riesigen Werbekampagne: 300 Millionen Dollar sollen insgesamt ausgegeben werden, um Heimnutzer und Unternehmen doch noch vom Wechsel zu überzeugen.

Doch eigentlich sieht man auch bei Microsoft die Zukunft ganz woanders: Insidern zufolge wurde ein großes Forschungsvorhaben angestoßen, das den Nachfolger von Vista, ja den der gesamten Betriebssystemklasse Windows entwickeln soll. Das Projekt trägt den Codenamen "Midori", was im Japanischen für die Farbe Grün steht. Grün wie die Hoffnung: Microsoft will mit dem Windows-Nachfolger versuchen, die gröbsten Probleme, die die inzwischen Jahrzehnte alte Betriebssystemfamilie plagen, in einer Art Befreiungsschlag zu beseitigen.

Und die bereits bekannten Änderungen klingen durchaus radikal: So soll die Koppelung zwischen Betriebssystem und Einzelrechner aufgehoben werden. Stattdessen soll man an jedem PC, an dem man sich anmeldet, die gleiche Bedienoberfläche und alle gewünschten Daten zur Verfügung haben. Möglich macht dies eine stärkere Koppelung der Software mit dem Internet - und die so genannte Virtualisierung. Dabei können auf einem Rechner unabhängig voneinander mehrere Betriebssysteme laufen, die sich gegenseitig nicht stören können.

Dies könnte auch bei der Behebung von Sicherheitsproblemen helfen: Will man dann beispielsweise kritische Internet-Aktivitäten wie das Online-Banking vornehmen, wechselt man in einen eigens gesicherten Bereich, der garantiert virenfrei ist - eine Art "Betriebssystem im Betriebssystem". Laut einem Bericht des Fachmagazins "Software Development Times", der sich auf interne Dokumente des Softwarekonzerns stützt, soll Midori zumindest am Anfang mit alten Windows-Versionen koexistieren können. Der Schlüssel dabei sei die Virtualisierung. Microsoft selbst hält sich in Sachen Midori noch weitgehend bedeckt: Das Projekt sei "eine von vielen Ideen", sagte ein Sprecher gegenüber der britischen "BBC".

Dass der Softwarekonzern auf die Veränderungen des Marktes reagieren muss, bekommt er auch von IT-Analysten regelmäßig zu hören. Michael Silver, Vizepräsident für den Bereich Marktforschung beim Beratungsunternehmen Gartner, sieht eine Zukunft aufziehen, in der es den Nutzern zunehmend egal ist, welches Betriebssystem sie verwenden. "Wenn Windows weniger wichtig wird, wo macht Microsoft dann sein Geld?", sagte er der "BBC". In der Tat laufen etwa kostengünstige "Netbooks", Billig-Laptops mit Internet-Zugang, verstärkt unter dem freien Betriebssystem Linux und viele Anwendungen migrieren inzwischen ins Netz. So bietet Google mit "Google Docs" einen kleineren Konkurrenten zum Büropaket "Office", das bei Microsoft zum Brot-und-Butter-Geschäft gehört.

Sollte Midori tatsächlich auf den unterschiedlichsten Rechnern laufen, wäre dies für den Softwarekonzern eine radikale Veränderung des Geschäftsmodells: Derzeit wird eine Windows-Lizenz immer für einen einzelnen Rechner (oder, in Unternehmen, Rechnerblock) verkauft. Möglich wäre, dass das Betriebssystem dann künftig im Abonnement vermarktet wird. Eine ähnliche Taktik nutzt der Konzern in Entwicklungsländern, in denen der Verkauf des Hunderte Euro teuren Office-Pakets nur schleppend läuft: Hier kann man die Software für wenig Geld mieten.

Doch bevor das System in einigen Jahren erscheinen könnte, würde sowieso noch der Vista-Nachfolger "Windows 7" auf den Markt kommen. Er soll sich nicht so radikal vom Vorgänger unterscheiden und wird vor allem neue Bedienmöglichkeiten mit sich bringen: Laut Microsoft wird man den PC dann auch mit Hilfe von Fingergesten direkt auf dem Bildschirm steuern können, wie man es von Apples iPhone kennt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.