33C3 – CCC-Kongress in Hamburg: Technik für Menschenrechte

Verbrechen in Syrien und Flüchtlinge im Mittelmeer: Auf dem Kongress werden Projekte vorgestellt, die beim Schutz der Menschenrechte helfen sollen.

Porträt Neugebauer

Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer bei einer Presskonferenz im Oktober 2016 Foto: ap

HAMBURG taz | Bomben auf eine Moschee, der Einsatz von verbotenen Streuwaffen oder sogar Giftgas: Aus dem syrischen Bürgerkrieg gibt es zahlreiche Berichte von Kriegsverbrechen. Doch sind sie auch beweisbar? Ein kleines Team von Menschenrechtsaktivisten versucht die Belege, die im Netz verstreut sind zu sammeln und zu verifizieren. Heraus gekommen ist dabei das „Syrian Archive“, eine Online-Datenbank, die inzwischen mehr als 2.000 Ereignisse aus dem Krieg dokumentiert hat und die auf dem CCC-Kongress in Hamburg vorgestellt wurde.

Es gebe mehr Stunden Videoaufzeichnungen über den syrischen Bürgerkrieg als es überhaupt Stunden des Konfliktes gibt, leitet Hadi Al-Khatib seinen Vortrag ein. Versteckt in den Videos seien Hunderte unerzählte Geschichten, Menschenrechtsverletzungen und Beweise für mögliche Kriegsverbrechen. Doch die Videos gingen oft wieder verloren, seien nicht verifiziert und nicht durchsuchbar – all das soll die Datenbank verändern. Aus über 200 glaubwürdigen Quellen würden die Videos gesammelt und anschließend mit Hilfe von Journalist_innen und Aktivist_innen in Syrien überprüft.

Hunderte Videos gäbe es inzwischen zum Einsatz von Chemiewaffen in Syrien. „Chemiewaffen sind bereits seit Beginn des Konflikts in Syrien eingesetzt worden“, so Al-Khatib. „Und sie werden noch immer eingesetzt, obwohl die Organisation für das Verbot chemischer Waffen angeblich 2015 alle Chemiewaffen in Syrien zerstörte.“ Nahaufnahmen von Behältern aus Syrien ließen auf die Waffen selbst und ihre Hersteller schließen. Auf ähnliche Weise habe die Gruppe auch belegen können, dass die russische Luftwaffe im Krieg Streuwaffen eingesetzt habe. Ziel der Sammlung sei unter anderem, die Menschenrechtsverletzungen für Wissenschaftler und mögliche internationale Ermittlungen festzuhalten.

Mit den Folgen des Krieges sind die Seenotretter_innen von Sea Watch im Mittelmeer konfrontiert. 2106 war das tödlichste Jahr an Europas Außengrenzen, referiert Ruben Neugebauer von der Organisation. Mehr als 5.000 Menschen starben bei der Reise nach Europa. Die Besucher der Kongresses könnten nun ganz konkret auch mit ihren Fähigkeiten mithelfen, Menschenleben zu retten. „Wir können diese Toten nicht auf null runter kriegen, aber wir können einiges tun, um zu verhindern, dass es wieder so viele werden.“ Die Antwort sei Luftaufklärung, doch der Versuch mit einem eigenen Flugzeug das Meer abzusuchen sei gescheitert, weil Sea Watch wichtige Überflugsrechte verweigert wurden.

Die neue Alternative heißt: Eine eigene Drohne, die von einem Schiff starten kann und über internationalen Gewässern fliegt, wo keine Überflugsrechte nötig sind. Die Drohne soll weit fliegen können, hochauflösende Fotos machen, sie möglichst noch im Flug auswerten und interessante Aufnahmen an das Schiff zurückschicken können – und das alles mit Technik, die möglichst billig und serienmäßig produziert sei.

In Videos zeigt das Team einen Prototypen, der bereits fliegen kann – aber Steuerung, die Landung auf einem wackelnden Schiff, die Fotografie und Datenübertragung seien noch ein Problem. Nun hoffen sie auf Hilfe der „Nerds“ auf dem Kongress, denn schon im März solle die Drohne starten: „Es geht um Menschenleben.“

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