AKW-Neubauten: Einspruch gegen Briten-Meiler

Die EU-Kommission entscheidet in Kürze, ob Großbritannien neue AKWs fördern darf. Alle EU-Bürger können online Widerspruch einlegen.

Auch sie darf dem Neubau widersprechen: Spaziergängerin vor dem bestehenden AKW in Hinkley Point. Bild: Reuters

FREIBURG taz | Für die europäische Atomwirtschaft hat eine heiße politische Phase begonnen: Brüssel prüft gerade einen Antrag Großbritanniens, das den Neubau von Atomkraftwerken durch langfristig garantierte Einspeisevergütungen fördern will.

Bis zum 7. April dauern die öffentlichen Konsultationen zu dieser Frage – und auch jeder Bürger kann in diesem Zeitraum Einspruch bei der EU-Kommission erheben. Doch obwohl die anstehende Entscheidung der EU-Bürokratie ein Präzedenzfall für weitere Reaktorneubauten in der EU sein dürfte, ist die deutsche Anti-Atom-Bewegung auf dieses Thema bisher kaum aufgesprungen. Lediglich die Elektrizitätswerke Schönau haben gerade auf ihrer Homepage einen Einspruch formuliert.

Die Hauptakteure in dieser Sache kommen vielmehr aus Österreich, wo die Ablehnung der Atomkraft sogar in der Verfassung steht. Die österreichische Umweltschutzorganisation Global 2000 hat drei vorgefertigte Stellungnahmen erarbeitet, die über die Internetseite der Organisation direkt an die zuständige Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission übermittelt werden können.

Global 2000 fordert nicht nur die Öffentlichkeit dazu auf, ihre Meinung kundzutun, sondern vor allem auch die betroffenen Industrien und Verbände in ganz Europa. Die Organisation stützt sich auch auf eine aktuelle Studie der TU Wien und der Stiftung Umweltenergierecht mit dem Titel „Europa 2030 ohne Atomkraftwerke“. Danach ist der britische Plan aufgrund der geltenden Beihilferegelungen des EU-Vertrags nicht akzeptabel.

Hohe Einspeisevergütung

Großbritannien will am Standort Hinkley Point an der Südwestküste Englands durch die französische EdF zwei Reaktorblöcke mit jeweils 1.600 Megawatt Leistung bauen lassen. Weil sich die Meiler aber am Strommarkt niemals finanzieren lassen, will der Staat für die Dauer von 35 Jahren eine Vergütung für Atomstrom von umgerechnet knapp 11 Cent je Kilowattstunde garantieren, doppelt so viel wie der Marktpreis. Zudem soll die Vergütung gemäß einem Konsumpreisindex an die Inflation angepasst werden.

Richtig glücklich ist auch die EU-Kommission mit dem Ansinnen der Briten nicht, wie nun aus ihrer Aufforderung zur Stellungnahme hervorgeht. In Brüssel nämlich sieht man in der Förderung eine staatliche Beihilfe, die „den Wettbewerb zu verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen droht“. Zudem äußert die Kommission „ernste Zweifel daran“, dass die von den Briten angestrebte Förderung „dem öffentlichen Zweck der Versorgungssicherheit dient und dass sie zur Verringerung der CO2-Emissionen beitragen kann“.

Auch Global 2000 hält die von den Briten angeführten Gründe für die Förderung – wie Klimaschutz und Energieversorgungssicherheit – für nicht stichhaltig. Zumal diese „das Risiko enormer Nuklearkatastrophen wie in Fukushima nicht wettmachen“ könnten, wie Patricia Lorenz, Atomsprecherin von Global 2000, sagt. Auch die Entsorgung von Atommüll sei nach wie vor völlig ungelöst.

Trotz aller Vorbehalte könnte es aber passieren, dass die Kommission das britische Programm durchwinkt. „Großbritannien macht erheblichen Druck“, ist aus dem Büro des grünen EU-Parlamentariers Claude Turmes zu hören. Zudem gebe es ja noch den Euratom-Vertrag von 1957, der noch immer nicht aufgekündigt wurde und die EU zur Förderung von Atomkraft verpflichtet. Vor diesem Hintergrund, heißt es in der grünen Europapolitik, sei es hilfreich, wenn in den nächsten Tagen zahlreiche Einsprüche aus der Bevölkerung bei der Kommission eingingen.

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