Abgastest in der EU: Deutschland lässt das Stänkern nicht

Brüssel zieht Konsequenzen aus dem VW-Dieselskandal, doch Berlin steht weiter auf der Bremse. Die letzte Entscheidung fällt im Trialog-Verfahren.

Blick in einen Autoturm, in dem VW-Neuwagen stehen

VW dürfte sich über die Haltung Deutschlands freuen Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Als Reaktion auf den VW-Dieselskandal haben sich die EU-Staaten in Brüssel am Montag auf strengere Regeln bei Abgastests und Typgenehmigungen von Autos geeinigt. Die EU-Kommission soll mehr Aufsichtsrechte erhalten und bei manipulierten Abgastests auch Strafen verhängen dürfen. Doch Deutschland, Mutterland des VW-Konzerns, steht weiter auf der Bremse: Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig (SPD) forderte eine Reihe von Nachbesserungen. Berlin könnte sie im sogenannten Trilog-Verfahren durchsetzen und die neuen Regeln doch noch verwässern.

„Die Bundesregierung rät eindringlich zu einer weiteren Präzisierung des Vorschlages, um das Verfahren der Typgenehmigung und der Marktüberwachung künftig klar, präzise und anwendbar zu gestalten“, sagte Machnig beim Treffen des Wettbewerbs-Rats in Brüssel. Die Bundesregierung stemmt sich zwar nicht mehr frontal gegen den Vorschlag des maltesischen EU-Vorsitzes. Doch Berlin möchte die Aufsicht der EU-Kommission schwächen.

Dabei fällt der nun gefasste Beschluss schon jetzt weit hinter den ursprünglichen Vorschlag der Brüsseler Behörde zurück. EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska beklagte, dass ihr Vorschlag an mehreren Stellen aufgeweicht wurde. So muss die Zulassung für Fahrzeugtypen nicht nach fünf Jahren erneuert werden – sie soll unbefristet gelten. Zudem gebe es keine einheitlichen Strafen für Autobauer in den Mitgliedstaaten, kritisierte die EU-Kommissarin.

Tatsächlich behalten die EU-Regierungen hier das letzte Wort. Die Kommission kann „nicht Verfahren einbringen, neu starten oder fortführen“, wenn Unternehmen „durch eine frühere Entscheidung […] bestraft oder nicht für verantwortlich erklärt wurden“, heißt es in dem Ratsbeschluss.

Bestrafung ist keine Pflicht

Das dürfte ganz nach dem Geschmack von Volkswagen sein. Die Bundesregierung wäre nämlich nicht verpflichtet, Strafen zu verhängen, wenn es Verstöße wie beim „Dieselgate“ gibt. Der VW-Skandal war 2015 in den USA aufgedeckt und bestraft worden, nicht aber in Deutschland.

Doch selbst diese weichgespülte Version der EU-Reform geht Berlin noch zu weit. Machnig sprach sich unter anderem für die Einrichtung einer Clearingstelle aus, die Streitigkeiten zwischen zwei Mitgliedstaaten in Zulassungsfragen schlichten soll. Dem Urteil dieser Clearingstelle solle sich auch die EU-Kommission unterwerfen.

Die Vorschläge dürften ganz nach dem Geschmack VWs sein

Die letzte Entscheidung fällt im sogenannten Trilog-Verfahren zwischen Parlament, Kommission und Ministerrat – hinter verschlossenen Türen. Erst danach wird man sagen können, ob die EU tatsächlich aus dem Dieselgate gelernt hat.

Scharfe Kritik kommt schon jetzt von Verbraucherschützern. Der nun verabschiedete Kompromiss würde die Reform zu einem „Papiertiger“ machen, kritisierte der europäische Verbraucherdachverband BEUC. Der Entwurf sehe keinen Zwang für hohe Strafen bei Verstößen vor. Auch Interessenkonflikte zwischen nationalen Kontrollbehörden und der Autoindustrie würden nicht beseitigt.

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