Abkommen über Flüchtlinge in Berlin: Neue Heimat Brandenburg

Brandenburg wird rund 1.000 Geflüchtete aus Berlin aufnehmen. Die Hauptstadt will so noch als Notunterkünfte genutzte Turnhallen leer bekommen.

Flüchtlingsunterkunft im ICC

Privatsphäre á la Berlin: Flüchtlingsunterkunft im einstigen ICC Foto: dpa

BERLIN/POTSDAM epd | Als erste Bundesländer haben sich Berlin und Brandenburg auf die Überführung von Flüchtlingen aus Erstaufnahmeeinrichtungen verständigt. Bis zu 1.000 Flüchtlinge aus Berlin werden ab Juli voraussichtlich in das Auffanglager im brandenburgischen Wünsdorf südlich von Berlin umziehen, teilten Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (beide SPD) am Freitag nach einer Sitzung der Landesplanungskonferenz in Potsdam mit.

Betreiber der Erstunterbringung ist der Landesverband Fläming-Spreewald des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Die Verfahren zur Prüfung des Asylstatus der Flüchtlinge läuft weiter in Berlin. Nach Abschluss der Verfahren sollen die Flüchtlinge in die Bundeshauptstadt zurückkehren.

Woidke betonte, die Menschen könnten in Brandenburg derzeit besser untergebracht werden als in Berlin. Wünsdorf sei dafür ein geeigneter Standort. Auch Müller sieht dort eine „gute Möglichkeit“, eine große Anzahl von Menschen unterzubringen. Die Übernahme bezeichnete er als „ersten großen Schritt“, langfristig die Integration der Flüchtlinge in Berlin zu sichern. Sie entlaste die Hauptstadt mit insgesamt rund 70.000 Flüchtlingen.

Ziel sei, die Menschen „aus den Turnhallen herauszubekommen“. Es sei auch selbstverständlich, dass Berlin für diese Leistung zahle. Ob es weitere Transfers aus Berliner Erstaufnahmeeinrichtungen nach Brandenburg geben soll, ließen Müller und Woidke offen. Das sei von der weiteren Entwicklung der Flüchtlingszahlen abhängig, sagte Müller.

Die Einrichtung in Wünsdorf ist aktuell für 955 Personen ausgelegt, am Freitag waren dort laut Innenministerium 112 Personen untergebracht. In einer zweiten Ausbaustufe bis Ende nächsten Jahres sollen 1.700 Plätze entstehen. Die Kosten des Ausbaus veranschlagte das Land auf ursprünglich 35 Millionen Euro.

Die Stadt Zossen, zu der der Ortsteil Wünsdorf gehört, ist auf den temporären Zuzug eingestellt. „Es macht für uns keinen Unterschied, ob die Flüchtlinge aus Berlin oder direkt aus Brandenburg kommen“, sagte Bürgermeisterin Michaela Schreiber. Bereits jetzt gebe es sehr engagierte Helfer vor Ort, für die die Stadt ein eigenes Bürgerhaus eingerichtet hat. Dort finden laut Schreiber regelmäßig Angebote wie Deutschunterricht, Nähkurse oder Kinderbetreuung statt. „Einzige Sorge“ sei, dass die Stadt künftig zwei Ansprechpartner für die Flüchtlinge Berlin habe, nämlich das Land Brandenburg und die Stadt Berlin. Sie hoffe aber, dass hier eine Lösung gefunden werde, sagte Schreiber.

Am 31. Mai werden die Kabinette von Brandenburg und Berlin über den Transfer beraten. Bis dahin sollen Details etwa zu Verwaltungsfragen und der konkreten Finanzabwicklung stehen. „Wir müssen alle Fragen vorher abklären, um nicht hinterher in Diskussionen zu kommen“, sagte Woidke. Müller zeigte sich zuversichtlich, dass die zuständigen Ressorts die Vereinbarung mittragen.

Woidke appellierte zugleich an die Bundesregierung, mehr für die Integration der Flüchtlinge zu unternehmen. Das werden Berlin und Brandenburg auch beim Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vertreten. Zugleich trat er für die Residenzpflicht von Flüchtlingen ein. Diese sei durchaus sinnvoll, wenn die Menschen am Standort integriert werden und etwa Arbeitsplätze bekommen könnten. Als „unsägliche Situation“ bezeichnete er es, dass der Bund in Brandenburg weniger als 20 Prozent der Kosten für die Flüchtlingsunterbringung trage. Integration können nur dann gelingen, wenn sie sofort beginne, sagte Woidke.

Mit der Übernahme stellt Brandenburg rund ein Drittel an freien Kapazitäten in den Erstaufnahmeeinrichtungen zur Verfügung. Insgesamt verfügt das Land über 5.450 Erstaufnahmeplätze, davon sind aktuell rund 1.800 belegt. Die freien Plätze will das Land vorhalten, falls die Flüchtlingsströme wieder zunehmen.

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