Abschiebung in Bayern gescheitert: Schwangere wehrt sich erfolgreich

Eine Frau aus Sierra Leone ist im 8. Monat schwanger. Trotzdem sollte sie am Münchner Flughafen abgeschoben werden. Das konnte sie verhindern.

ein Flugzeug beim Start von vorne

Ihren Abflug hat Adama K. verhindern können Foto: dpa

MÜNCHEN taz | Die 21-jährige Adama K., aus Sierra Leone geflüchtet, ist hochschwanger. Der 13. Juli ist der errechnete Geburtstermin ihres Kindes. Ab 1. Juni ist sie in Mutterschutz und kann von diesem Zeitpunkt an deshalb nicht mehr abgeschoben werden. Auf eine Weise, die beim Bayerischen Flüchtlingsrat „Fassungslosigkeit und Entsetzen“ hervorruft, sollte die Frau am Mittwoch und damit im letzten Moment mitsamt ihrem fünfjährigen Sohn nach Italien ausgeflogen werden. Ihr Fall ist ein Beispiel für die rigide Abschiebepolitik des Freistaats Bayern.

Die Maschine für den Lufthansa-Linienflug LH 1852 stand am Münchener Flughafen schon bereit: Start 7 Uhr, Ankunft in Mailand 8.05 Uhr. Adama K. war schon am 14. Mai bei einer nächtlichen Polizeiaktion im sogenannten Transitzen­trum Deggendorf, Außenstelle Hengersberg, in Abschiebehaft genommen worden. „Andere Bundesländer stecken Hochschwangere überhaupt nicht ins Gefängnis“, sagt Jana Weidhaase vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Damit wurde auch die Familie auseinandergerissen: K. war mit ihrem Lebensgefährten, dem Vater beider Kinder, gemeinsam in Hengersberg untergebracht.

Am Mittwoch nun wurde sie von der Polizei aus der JVA Erding – in der Nähe des Flughafens – mitsamt Sohn zum Flughafen gefahren. 30 Flüchtlingshelfer protestierten vor Ort, verteilten Infoblätter an die Reisenden. Kurz bevor Adama K. in die Maschine gebracht wurde, so der Flüchtlingsrat, „warf sie sich vor dem Treppenaufgang zum Flugzeug auf den Boden und wehrte sich gegen ihre Abschiebung“. Daraufhin brach die Polizei die Aktion ab. „Das Leben eines ungeborenen Kindes wurde durch diesen Abschiebeversuch enorm gefährdet und ein fünfjähriges Kind großem Stress ausgesetzt“, so Jana Weidhaase.

Gegen Mittag hob das Amtsgericht dann den Haftbeschluss auf. Nach Informationen des Flüchtlingsrats und der Rechtsanwältin Petra Haubner kehrte Adama K. mit ihrem Sohn und ihrem ebenfalls am Flughafen protestierenden Lebensgefährten zurück in die Flüchtlingsunterkunft in Niederbayern.

Nicht der einzige Fall dieser Art

Um dem Mutterschutz zuvorzukommen, hätten die Behörden nur noch am Donnerstag, dem Feiertag Fronleichnam, theoretisch die Möglichkeit gehabt, die Frau abzuschieben. Dies ist aber nicht mehr vorgesehen, so die zuständige Regierung von Niederbayern gegenüber der taz. Die Sprecherin teilt mit: „Eine Rückführung ist jetzt nicht mehr durchführbar.“ Das Asylverfahren werde nun in Deutschland beim Bundesamt für Migration (Bamf) erfolgen.

Die bayerischen „Transit­zentren“ sind Vorbild für die von der Bundesregierung und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) für ganz Deutschland geplanten „Ankerzentren“. Jana Weidhaase weiß, dass Adama K. nicht der einzige Fall dieser Art ist. Auch in der JVA Eichstätt, so hat sie erfahren, sitzen zwei Schwangere in Abschiebehaft. Bisher konnte der Flüchtlingsrat keinen Kontakt zu ihnen aufnehmen, weil er deren Namen nicht kennt. Wahrscheinlich werden sie anwaltlich nicht vertreten. Ihre Abschiebung würde niemand mitbekommen.

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