AfD-Ausschlussantrag gegen Björn Höcke: Wer war Landolf Ladig?

In der AfD geht der Richtungskampf weiter. Neuester Vorwurf: Rechtsaußen Björn Höcke hat früher unter Pseudonym für die NPD geschrieben.

Porträt Höcke

Björn Höcke im Thüringer Landtag Foto: dpa

HAMBURG taz | Der Machtkampf in der AfD spitzt sich zu. Keine zehn Tage vor dem Bundesparteitag in Köln ist Medien der Parteiausschlussantrag gegen Björn Höcke Medien zugespielt worden. Besonders brisant: Laut Antrag soll der thüringische AfD-Landtagsfraktionschef früher unter Pseudonym in NPD-Publikationen veröffentlicht haben.

Der Vorwurf ist aber auch für Petry äußerst heikel. Denn in dem Antrag wird sich ausdrücklich auf die Analysen von Andreas Kemper bezogen, der nicht nur für den Höcke-Flügel in der Partei eine persona non grata darstellt. Der 54jährige ist ein linker Publizist mit den Schwerpunkten Klassen- und Genderpolitik.In dem Ausschlussantrag, von Rechtsanwalt Christian Bill im Auftrag des Bundesvorstandes entworfen, heißt es: „Der AG (Antragsgegner Höcke, a.A.) hat unter den Namen ‚Landolf Ladig‘ in den NPD-Veröffentlichungen Volk in Bewegung und Eichsfeld-Stimme Artikel verfasst, in denen die NPD für ihre politischen Ideen und das politische Konzept gelobt worden ist.“

Bei Kemper seien die „zusammengestellten Nachweise zu lesen“ heißt es weiter. Es werden zudem Kempers youtube-Videos „Ist Björn Höcke (AfD) ‚Landolf Ladig?‘“ und „Ist Björn Höcke (AfD) der Neonazi Landolf Ladig'?“ empfohlen. Die Indizien, so wird geschlussfolgert, ließen keine „vernünftige Zweifel daran, dass der Antragsgegner unter der Bezeichnung ,Landolf Ladig‘ veröffentlicht hat“.Die Analysen vom Kemper sind nicht neu, hatten jedoch die Bundesführung bisher nicht interessiert. Vor zwei Jahren war dem Sozialwissenschaftler in einem Artikel von „Ladig“ in der Eichsfeld-Stimme von 2012 das ungewöhnliche Begriffspaar „organische Marktwirtschaft“ aufgefallen, das auch Höcke verwendet.

Ladig: Die Nazis als Anti-Globalisierungsbewegung

In Volk in Bewegung schrieb „Ladig“ im selben Jahr vom „Versöhnungswerk von Ökologie und Ökonomie“ und „der tatzeugenden Kraft einer Vision“. Zwei Jahre später sprach Höcke von der „kraftspendenden Vision“ einer Wirtschaft, „die Ökologie und Ökonomie miteinander versöhnt“.

Beide Publikationen verantwortet Thorsten Heise, NPD-Landesvorsitzender in Thüringen und gerade neu gewählter NPD-Bundesvize. 2016 legte Kemper eine größere Studie zu Höcke vor, die die Rosa-Luxemburg-Stiftung druckte. „Die faschistische Ideologie, die in Höckes Aussagen deutlich wird, wird in den ‚Ladig‘-Texten zugespitzt und ist unverblümt NS-verherrlichend“, so Kemper.

So schrieb „Ladig“ nach Kemper: „Der zweite Krieg (…) darf auch als ideologischer Präventivkrieg angesprochen werden, hatte sich im nationalsozialistischen Deutschland doch eine erste Antiglobalisierungsbewegung staatlich etabliert, die, wären ihr mehr Friedensjahre zur Erprobung vergönnt gewesen, wahrscheinlich allerorten Nachahmer gefunden hätte.“ Kemper stellte zudem fest, das seit 2013 „Ladig“ nicht mehr als Autor auftaucht. In diesem Jahr war Höcke Mitgründer der AfD in Thüringen.Schon 2015 hatte der damalige Bundesvorsitzende Bernd Lucke versucht, Höcke eine eidesstattliche Versicherung zu den angenommen NPD-Kontakten unterschreiben zu unterlassen. Höcke weigerte sich, erklärte aber: „Ich habe niemals unter einem Pseudonym für eine NPD-Zeitung geschrieben.“ Er räumte ein, Heise zu kennen.

Heise, vorbestraft wegen Körperverletzung und Volksverhetzung, wohnt mit seiner Familie im Eichsfeld in einem Nachbardorf Höckes. Dessen Familie mache einen guten Eindruck, meinte Höcke, da komme man eben ins Gespräch. Heise sprang Höcke in einem Interview in dieser Woche bei. „Ladig“ sei ein älterer Herr, sagte er darin.

Petrys letzter Joker

Macht Petry den selben Fehler wie Lucke? Auf dem kommenden Parteitag will sie unter dem moderat klingenden Antrag „Sachantrag zur strategischen Ausrichtung der AfD“ eine Richtungsentscheidung erzwingen.

In dem Antrag plädiert sie für einen „realpolitischen Weg“ zu „einer bürgerlichen Volkspartei“ und warnt vor einer „fundamentaloppositionellen Strategie“. Der fundamentalistische Kurs von Alexander Gauland und Höcke gefährde den Zuspruch der konservativen Mitte, heißt es in dem Antrag: „Kommen beide Strategien nebeneinander zum Einsatz, zerstört die fundamentaloppositionelle Strategie die realpolitische Strategie.“Mit der Indiskretion des bekannt gewordenen Ausschlussantrags wird die Auseinandersetzung befeuert. Kemper hat das längst für möglich gehalten. Höckes Vergangenheit zu enthüllen sei Petrys „letzter Joker“: „Ich habe immer gesagt: Diese Karte wird sie dann spielen, wenn sie keine andere Möglichkeit mehr hat“, sagt er. Lucke scheiterte vor zwei Jahren.

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