Akademische Freiheit und Drittmittel: Thai-Junta droht Uni Frankfurt

Ein thailändischer Regimekritiker soll einen Vortrag an der Uni Frankfurt halten. Nun droht das Konsulat mit Geldentzug für das Südostasien-Institut.

Mit 20 der ursprünglich 30 Teilnehmer „besetzte“ der Dozent Pavin Chachavalpongpun den Seminarraum. Foto: dpa

BERLIN taz | Es war ein brisanter Gast, den die Studierenden der Südostasienwissenschaften der Universität Frankfurt am Main eingeladen hatten. Wie brisant, wurde ihnen selbst wohl erst in letzter Minute bewusst.

Die Fachschaft hatte den thailändischen Politikwissenschaftler Pavin Chachavalpongpun gebeten, einen Vortrag über die politische Situation seines Landes zu halten. Im Mai 2014 hatte das Militär dort geputscht. Pavin ist einer der wenigen, die es wagen, die neuen Machthaber öffentlich zu kritisieren.

Wie andere Kritiker war er vor einen militärischen Untersuchungsausschuss geladen worden. Als er dieser Aufforderung nicht folgte, wurde sein Pass für ungültig erklärt. „Wenige Minuten vor dem Vortrag drängt die Lehrbeauftragte für Sprache und Landeskunde Thailands, Orapim Bernart, die Organisatoren der Fachschaft, die Veranstaltung abzusagen“, berichtet Fachschaftsvertreterin Kim Wehner der taz.

Ohne Spenden kaum Bücher

Das königliche Generalkonsulat hätte Bernart gedroht, das Institut würde sonst keine Mittel mehr von Thailands Regierung bekommen. Das Institut bekommt Bücherspenden über mehrere tausend Euro im Jahr von der thailändischen Regierung.

„Ohne dieses Geld hätte die Bibliothek kaum thailändische Bücher“, sagt Wehner. Und wer den jährlichen Thai-Sprachwettbewerb des Instituts gewinne, bekomme von Thailand 1.000 Euro Reisezuschuss.

Die Studenten reagierten verunsichert, sagten den Vortrag zunächst ab und erwogen, ihn an einem anderen Tag im Asta-Gebäude durchzuführen. Doch Pavin, der an der Universität Kioto im Exil unterrichtet und gerade an der Uni Freiburg forscht, war nicht gewillt, das Feld zu räumen.

Er habe bei seinen Vorträgen schon mehrfach Druck thailändischer Diplomaten erlebt, schrieb er später in einem Protestbrief. Mit 20 der ursprünglich 30 Teilnehmer „besetzte“ der Gast deshalb den Seminarraum und hielt seinen Vortrag. Die irritierten Fachschaftsvertreter blieben lieber draußen.

Finanzen als „Totschlagargument“

Auf der Homepage des Instituts sind auch andere südostasiatische Botschaften und Konsulate als Sponsoren aufgeführt. „Bleiben die Mittel aus, werden vor allem künftige Studentengenerationen bestraft,“ sagt Wehner. Finanzen seien am Institut das Totschlagargument. „Eine Folge der dauernden Kürzungen.“

Institutsleiter Arndt Graf bezeichnet solche Unterstützung durch südostasiatische Vertretungen seit Jahren als „gang und gäbe“. Und dies sei bisher unabhängig geschehen, wer in Thailand gerade an der Macht sei.

Die Lehrbeauftragte Orapim Bernart arbeitet auch als freie Übersetzerin und wird als solche auch vom thailändischen Generalkonsulat auf dessen Homepage geführt. Die offenbar unter Druck gesetzte Bernart sei laut Wehner eigentlich bisher „offen und kritisch“ gewesen. Bernart will sich gegenüber der taz nicht äußern.

Der thailändische Generalkonsul in Frankfurt, Charoenrat Chimsamran, lässt nur ausrichten, er habe in der Sache nichts unternommen und habe auch keine Informationen zu dem Fall.

Laut Institutsleiter Graf sei sein Institut nicht unter Druck gesetzt worden. Wenn, dann sei allein die Lehrbeauftragte betroffen. Mit ihr und der Fachschaft wolle er den Fall nun erörtern.

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