Andauernde Sicherheitsmängel: Alte Schweden-AKWs

Das Atomkraftwerk Oskarshamn muss wegen Sicherheitsmängeln vorerst vom Netz. Doch die Uraltmeiler bleiben womöglich bis 2050 in Betrieb.

Das Atomkraftwerk Oskarshamn an der Ostsee. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Die Schweden kennen das schon. Ausgerechnet dann, wenn es richtig kalt wird, müssen die Atomreaktoren wegen Pannen vom Netz und die Strompreise schnellen in die Höhe.

In diesem Winter war es nun die Aufsichtsbehörde Strålsäkerhetsmyndigheten (SSM) , die den Schalter umgelegt hat. Mit einem bislang einmaligen Schritt ordnete die Behörde am Donnerstag den sofortigen Stopp des Reaktors Oskarshamn 2 an, wegen eines Verstoßes gegen die Sicherheitsvorschriften

Haupteigentümer des rund 1.100 Kilometer von Deutschland entfernten AKWs mit drei Reaktorblöcken nahe der Stadt Oskarshamn an der Ostseeküste ist die deutsche Eon. Der Konzern hatte Oskarshamn 1 wegen ähnlicher Sicherheitsmängel am Donnerstag von sich aus vom Netz genommen.

Die beiden 1972 und 1974 in Betrieb genommenen Reaktoren haben eine ungenügende Notstromversorgung. Schon seit 2004 schreibt das schwedische Atomenergiegesetz vier dieselgetriebene Notstromgeneratoren pro Reaktor vor.

Leistung vor Sicherheit

Zwar wurde Block 1 kürzlich nachgerüstet, allerdings funktionieren die Aggregate nicht wie von der Atomaufsicht gefordert. In Block 2 sind auch acht Jahre nach Erlass der Vorschrift noch keine neuen Generatoren installiert. Im AKW Forsmark kam es im Jahre 2006 zu schweren Problemen, weil zwei von vier Notstromaggregaten nicht ansprangen.

Höchstens zwei bis drei Jahre dürfte es dauern, so etwas nachzurüsten, wundert sich Lars-Olov Höglund, Atomkraftexperte und ehemaliger Forsmark-Konstrukteur: „Auch wenn es komplizierter ist, solche Arbeiten an einem in Betrieb befindlichen Reaktor durchzuführen, hat man da wirklich genug Zeit gehabt.“

Eon habe falsche Prioritäten gesetzt: Der Konzern investierte in den dritten Reaktor in Oskarshamn, um die Stromproduktion um 12 Prozent zu steigern, und begründet die verzögerte Sicherheits-Nachrüstung in Reaktorblock 2 mit „hoher Arbeitsbelastung“.

Nun beantragte Eon eine Fristverlängerung für den Einbau der Verbesserungen bis zum Jahr 2015 – auch die Leistung dieses 38 Jahre alten Reaktors soll zuvor um 20 Prozent erhöht werden. Das wurde bislang weltweit an keinen Atomreaktor versucht. Die Betriebsdauer soll um mindestens weitere 20 auf über 60 Jahre verlängert werden.

Sicherheitsprobleme interessieren nicht

Die Reaktoren in Oskarshamn sind schon oft wegen Sicherheitsproblemen aufgefallen. Im vergangenen Herbst musste Block eins binnen siebzehn Tagen viermal schnell abgeschaltet werden. Reaktor 3 war wegen Vibrationen und Schäden am Reaktortank gleich mehr als ein Jahr außer Betrieb.

Im Juli musste Reaktor 2 außerplanmäßig vom Netz, nachdem bei einem Test einer der sowieso nur zwei Notstromdiesel nicht funktionierte. Die schwedische Regierung scheinen die ständigen Probleme mit den in die Jahre gekommenen Reaktoren nicht zu stören.

Am Dienstag präsentiert die Regierung ihren „Energiefahrplan 2050“. Der soll nach Informationen der Tageszeitung Aftonbladet im Jahr 2050 die gleiche Atomstromproduktion wie heute vorsehen. In dem Fall wären die bestehenden Reaktoren dann 70 bis 80 Jahre am Netz. Für Neubauten ist bis heute kein Investor in Sicht.

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