Angriff auf Autonomes Zentrum Koze: Finanzbehörde im Einzelkampf

Der Polizeiangriff auf das Kollektive Zentrum im September war unrechtmäßig, legt ein Protokoll zum Mietvertrag nahe. Die Finanzbehörde interessiert das nicht.

Menschen tragen ein Transparent mit der Aufschrift "Autonome Freiräume verteidigen - Grrrlz koZen Pflastersteine"

Finden die Finanzbehörde zum Kozen: Grrrlz Foto: dpa

HAMBURG taz | Die AktivistInnen und KünstlerInnen im Münzviertel nennen es „den dritten Angriff der Finanzbehörde auf die Stadtteilaktivitäten“: Gemeint ist die Kündigung, die die Behörde dem Mieter des Kollektiven Zentrums (Koze), Günter Westphal, Anfang des Monats ausgesprochen hat. Zum 31. März sollen die AktivistInnen die Kita-Räume auf dem Gelände der ehemaligen Gehörlosenschule verlassen.

Schon die beiden vorangegangenen „Angriffe“ seien rechtswidrig gewesen, meint das Koze jetzt belegen zu können. Im Juli und September hatte die Polizei – unter Einsatz von Hundertschaften, Wasserwerfern, Räumpanzern und Motorsägen – einen Teil der Gebäude auf dem Gelände abgerissen und einen Zaun um die ehemaligen Kita-Räume errichtet – unverhältnismäßig, und zu Unrecht, wie die AktivistInnen schon damals meinten. Schließlich sei das Koze in regulär gemieteten Räumen samt Grundstück, argumentierten sie. Die Finanzbehörde hingegen war der Meinung, der Spielplatz, der Schuppen und die Bäume befänden sich außerhalb der gemieteten Fläche.

Was ist eigentlich der Mietgegenstand?

Nun verweisen die AktivistInnen auf ein Dokument der Stadt, das ihnen Recht zu geben scheint: Das „Übergabeprotokoll zum Mietvertrag“ über eine Begehung vom September 2014, das der taz vorliegt. Das Papier dokumentiert den Zustand der Immobilie und berücksichtigt auch die umstrittenen Bereiche, also Spielplatz, Bäume, Toreinfahrt und Schuppen. Diese wären nicht aufgelistet worden, wenn sie nicht zum Mietgegenstand gehörten, meinen die AktivistInnen. „Der Gartenschuppen kann vom Mieter genutzt werden“, steht explizit in dem Protokoll.

Die Finanzbehörde hat dem Mieter des Kollektiven Zentrums zum 31. März gekündigt – es sei denn, er unterschreibt eine Erklärung, wonach er sich verpflichtet, im November widerstandslos auszuziehen.

Erpressung nennen das die AktivistInnen und haben nicht unterschrieben.

Keine Stellungnahme hat das Koze bisher zur bevorstehenden Kündigung abgegeben.

BezirkspolitikerInnen wollen zu einer einvernehmlichen Lösung kommen – eventuell mit einer Stiftung als Mieterin.

„Weder die Polizei noch die Liegenschaftsverwaltung waren über den Mietvertrag im Bilde, noch haben sie sich für die Rechtslage interessiert“, erklärten die BetreiberInnen des Koze. Und: „Die Liegenschaftsverwaltung verstieß damals willkürlich und gemeinschaftlich mit der Polizei gegen geltendes Recht, auf das sich diese Akteure allzu gerne berufen, wenn sie koZe-Aktivist_innen kriminalisieren.“

Die Finanzbehörde bleibt trotz des Behördenpapiers bei ihrer Position. Ihr Sprecher, Daniel Stricker, erklärte: „Der gemietete Teil umfasst lediglich 70 Quadratmeter und einen kleinen Teil der Außenflächen. Alle Maßnahmen waren und sind rechtmäßig. Anderslautende Darstellungen sind frei erfunden.“

Stricker hatte sich bereits in der Vergangenheit stur gegenüber dem Koze und dem Quartiersverein Münzviertel gezeigt. Direkt nach den brutalen Polizeiübergriffen im Sommer, bei denen es auch Verletzte auf Seiten der AktivistInnen gegeben hatte, sagte er: „Was das Koze für Märchen erzählt, interessiert uns einen feuchten Kehricht.“

Kritik aus dem Bezirk

Die Bezirkspolitik zeigt sich nicht glücklich über den Alleingang der Finanzbehörde. „Das ist nicht unsere Politik“, sagte der grüne Fraktionsabgeordnete Farid Müller zur taz. Die SPD-Abgeordnete Jette von Enckevort sagte, man führe derzeit Gespräche, um zu einer harmonischen Lösung zu kommen, die die Stadtteilaktivitäten des Koze weiterhin ermöglichen könnte. Eine Option, die im Raum steht, ist, zukünftig eine Stiftung als Mieter einzusetzen, ähnlich wie bei der Roten Flora. Mit der Finanzbehörde wird die Verhandlung darüber wohl nicht stattfinden. Vor dem geplanten Abriss im Frühjahr 2017 will die Finanzbehörde nicht über eine Weiternutzung des Stadtteilzentrums reden. Danach müsse der Investor entscheiden, wie er die Räume vergebe.

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