Ankerzentren ohne Konzept: Kein Schutz für Frauen

Grüne kritisieren, dass in Ankerzentren zu wenig für die Sicherheit besonders Schutzbedürftiger passiere. Gelder gibt es erst ab 2020.

Schild: Ankerzentrum Deutschland

Ankerzentren: Zu wenig Schutz für Frauen und sexuelle Minderheiten Foto: imago/Christian Ohde

BERLIN taz | Die Grünen kritisieren den fehlenden Schutz von Frauen und sexuellen Minderheiten in sogenannten Ankerzentren. Filiz Polat, migrationspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, warf der Bundesregierung „Konzeptlosigkeit“ vor.

In einer Antwort auf eine mündliche Frage der Abgeordneten erklärt das SPD-geführte Familienministerium, man befinde sich derzeit in der „Anlaufphase“ eines Gesamtprojekts zum Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt. Im Jahr 2019 würden „innovative und modellhafte Projekte“ angestoßen, ab 2020 könnten zur Verfügung stehende Gelder abgerufen werden.

Polat spricht von einer „Ablenkungstaktik“. Dass Gelder erst ab 2020 abgerufen werden könnten, bestätige die Befürchtung, „dass vulnerable Gruppen in den Ankerzentren allein gelassen werden“.

In den Einrichtungen sollen Asylverfahren möglichst schnell ablaufen. Es herrscht Residenzpflicht, sämtliche Entscheidungsträger sind mit Außenstellen vor Ort. Schon im Vorfeld hatten verschiedene Organisationen gewarnt, dass besonders Schutzbedürftige in solchen Großeinrichtungen einem höheren Risiko von Gewalt ausgesetzt seien.

Keine verbindlichen Mindeststandards

Mindeststandards und Maßnahmen wie die getrennte Unterbringung für Frauen, Schutz vor sexualisierter Gewalt oder eine kindergerechte Unterbringung seien bisher „nicht konkret und verbindlich verankert“, heißt es in einer Studie des Mediendienstes Integration aus dem August 2018.

Der Bayerische Flüchtlingsrat berichtet, dass es teils an Mechanismen fehle, um festzustellen, wer zu dieser Gruppe gehöre. „Risikoschwangerschaften oder Homosexualität etwa sind ja nicht von außen erkennbar“, sagt Jana Weidhaase vom Flüchtlingsrat. Nicht überall gebe es separierte Unterbringung und bei Müttern fehlten oft Gelegenheiten für Zwischenmahlzeiten oder Kühlschränke, um abgepumpte Muttermilch zu lagern. Der Zugang zu Ärzt*innen und Hebammen sei eingeschränkt. Auszugsanträge von Betroffenen würden „ignoriert oder abgelehnt“.

Die Situation in den verschiedenen Einrichtungen sei sehr unterschiedlich, sagt Petra Bendel vom Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration. Hinter Standards, wie sie die EU-Aufnahmerichtlinie vorschreibe, dürfe in keinem Fall zurückgefallen werden. Angesichts der verschiedenen Ansätze sei es „geboten, Beispiele guter Praxis möglichst rasch herauszufiltern und zum Standard zu erheben“.

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