Anschlag auf russischen Ex-Agenten: Vergiftetes Klima trübt die Aufklärung

Keine Annäherung im Streit über die Aufklärung der Nervengiftattacke auf den Ex-Agenten Skripal: Russland scheiterte mit einem Vorstoß.

Polizist steht an Absperrung in Salisbury

Ein Anschlag mit politischen Folgen: ein Polizist nahe des Tatorts in Salisbury Foto: ap

BERLIN taz | Der Streit über die Aufklärung des Giftanschlags auf den russischen Exagenten Sergei Skripal und seine Tochter Julia im britischen Salisbury am 4. März verschärft sich. Auf einer Sondersitzung des Exekutivrats der internationalen Organisation zur Überwachung des Verbots chemischer Waffen (OPCW) in Den Haag am Mittwoch soll Russland mit dem Antrag gescheitert sein, eine gemeinsame britisch-russische Untersuchung einzusetzen. Ein entsprechender Antrag soll nur 14 Stimmen im 41 Länder umfassenden Rat erhalten haben, hieß es auf Twitterkonten, die die offizielle russische Haltung wiedergeben. Es gilt nun als wahrscheinlich, dass Russland sich aus den internationalen Bemühungen zur Aufklärung komplett zurückzieht.

Die Sitzung hatte Russland eingefordert und sie wurde auf russischen Wunsch unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten. Mehrere Stellungnahmen wurden dennoch veröffentlicht. Die EU stellte sich voll hinter Großbritannien: Der Vertreter der bulgarischen EU-Ratspräsidentschaft sagte, man habe „volles Vertrauen“ in die britischen Ermittlungen, und lobte die britische Zusammenarbeit mit der OPCW. Das Verhalten der russischen Regierung, die „eine Flut von Unterstellungen“ lanciert habe, sei hingegen „völlig inakzeptabel. […] Die Russische Föderation muss zwingend auf die legitimen Fragen der britischen Regierung antworten, mit dem OPCW-Sekretariat zu kooperieren beginnen und vollständige Offenlegung jedes für den Fall relevanten Programms an die OPCW leisten.“

Die britische Vertretung warf Russland eine „Missachtung der Unabhängigkeit und Kompetenz des technischen Sekretariats“ der OPCW vor. Das bezog sich auf eine Erklärung der russischen Vertretung vom Montag, wonach man keine Ergebnisse der laufenden OPCW-Untersuchungen akzeptiere, an denen keine russischen Ermittler beteiligt seien. Die russische Forderung nach Beteiligung nannte die britische Seite auf der Sitzung „pervers“.

Gegenwärtig überprüfen OPCW-Experten die vorliegenden Erkenntnisse der britischen Ermittler, wonach die Skripals von einem Nervengift des russischen Typs Nowitschok vergiftet worden sind. Nach OPCW-Angaben sind keine staatlichen Stellen irgendeiner Seite an diesen Überprüfungen beteiligt. Die Ergebnisse sollen kommende Woche vorliegen und werden nur mit Zustimmung Großbritanniens mit anderen Staaten geteilt, wobei Großbritannien dies bereits zugesagt habe.

Für Verwirrung sorgte am Dienstagabend ein Interview des britischen TV-Senders Sky mit dem Leiter des britischen Militärforschungszentrums Porton Down, wo der Anschlag untersucht worden ist. Direktor Gary Aitkenhead sagte, seine Untersuchungen hätten die russische Herkunft des Nervengiftes nicht nachgewiesen, sondern lediglich, dass es sich um Nowitschok gehandelt habe. Daraus hatten manche Medienberichte die Behauptung gestrickt, es gebe gar keine Beweise für die britischen Vorwürfe gegen Russland.

EU in Den Haag

„Russland muss zwingend mit der OPCW kooperieren“

Der Wortlaut von Aitkenheads Äußerungen lässt eine so weitreichende Schlussfolgerung nicht zu. Wörtlich sagte er: „Wir haben es als Nowitschok identifizieren können, als militärisches Nervengift. Wir haben nicht die präzise Quelle identifiziert, aber wir haben die wissenschaftliche Information an die Regierung gegeben, die dann eine Anzahl weiterer Quellen benutzte, um die gezogenen Schlüsse zu kombinieren.“ Es sei „nicht unsere Aufgabe, zu sagen, wo er (der Kampfstoff) hergestellt wurde“. Es seien aber für seine Herstellung „extrem anspruchsvolle Methoden“ nötig, „nur von einem staatlichen Akteur leistbar“.

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