Anschlag: Schüsse auf Geflüchtete

Im emsländischen Lingen hat ein junger Mann auf Geflüchtete geschossen und dabei ein fünfjähriges Kind verletzt

Unter Beschuss: Unterkunft im Lingener Langschmidtsweg Foto: Herrmann Lindwehr/dpa

LINGEN taz | Ein junger Mann hat am Montag im emsländischen Lingen auf Flüchtlinge geschossen. Wie die Polizei mitteilte, soll der 21-Jährige mit einem Luftgewehr ein kleines Mädchen aus Mazedonien und einen jungen Syrer verletzt haben. Beide wurden im Lingener Krankenhaus ambulant behandelt. Gegen den mutmaßlichen Schützen wird wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt.

Nach Darstellung der Polizei hatten sich die Flüchtlinge vor ihrer Unterkunft aufgehalten, als aus der 40 Meter entfernten Wohnung des Mannes im dritten Stock auf sie geschossen wurde. Dabei war die Mutter des fünfjährigen Mädchens zunächst davon ausgegangen, dass ihr Kind mit Steinen oder Sand beworfen worden wäre, als sie sich bei der Polizei meldete.

Eine Stunde später, um 14.45 Uhr, beobachtete ein Zeuge, wie aus dem Fenster im dritten Stock geschossen wurde. Der Schuss verletzte einen 18-jährigen Syrer leicht am Bein. Die Polizei durchsuchte die Wohnung und fand ein Luftgewehr mit Munition. Weil aus Sicht der Polizei keine Haftgründe vorlagen, blieb der Wohnungsinhaber auf freiem Fuß.

Allerdings ermitteln das Staatsschutzkommissariat der Lingener Polizei und die Staatsanwaltschaft gegen ihn. „Das ist eine schwere Straftat“, sagte Oberstaatsanwalt Alexander Retemeyer der taz. Dafür könnten sechs Monate bis zehn Jahre Haft verhängt werden.

Wegen des Typs der Waffe und der großen Entfernung gibt es nach Meinung des Staatsanwalts zwar keine Anhaltspunkte dafür, von einer versuchten Tötung auszugehen. Doch auch ein Luftgewehr sei als Schusswaffe einzustufen. „Es kann nicht sein, dass jemand mit dem Gewehr auf Kinder schießt“, sagte Retemeyer.

Nach Auskunft des Staatsanwalts wurde gegen den mutmaßlichen Täter bereits einmal wegen Waffenbesitzes ermittelt. Das Verfahren sei aber eingestellt worden. Wegen Bedrohung habe er in einem anderen Fall eine Geldstrafe bezahlen müssen.

Nach Einschätzung der Lingener Antifa handelt es sich bei dem mutmaßlichen Schützen um einen aktiven Neonazi. Der junge Mann habe an NPD-Kundgebungen teilgenommen. Ein im Internet zu findendes Foto zeigt ihn, wie er Wahlwerbung für die NPD in einen Briefkasten steckt. Auf Facebook hat er ein sandfarben getarntes Sturmgewehr gepostet.

Staatsanwalt Alexander Retemeyer

„Es kann nicht sein, dass jemand auf Kinder schießt“

„Dass es beim Posen in Uniform und Waffen auf Bildern eben nicht bleibt, wenn mensch eine menschenverachtende Ideologie inne hat, sollte sich spätestens nach dem Auffliegen von rechten Terrorcrews bestätigt haben“, schreibt die Antifa in einer Pressemitteilung. Die Polizei müsse durchgreifen und den Geflüchteten ein angstfreies Leben ermöglichen.

Nach Angaben der Neuen Osnabrücker Zeitung ist das betroffene Flüchtlingsheim bereits Ende April einmal mit Farbe beschmiert worden. Damals war es noch unbewohnt.

In der 56.000-Einwohner-Stadt Lingen gibt es zehn Flüchtlingsunterkünfte. Drei weitere sind in Planung oder im Bau. Anfang Mai beherbergte die Stadt 1.340 Geflüchtete, von denen gut 900 in städtischen Unterkünften wohnten. Bis Ende Juli erwartet sie 480 Neuankömmlinge.

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