Anti-Nazi-Pfarrer aus Jena: Prozess gegen Lothar König geplatzt

In Dresden ist der Prozess gegen den Pfarrer Lothar König geplatzt. Grund sind neue Berge von Videos. Einige davon entlasten König.

Wie es für ihn weitergeht, ist völlig offen: Lothar König. Bild: dpa

BERLIN/DRESDEN taz | Klarer Punktsieg für Lothar König: In Dresden ist am Dienstag der umstrittene Prozess gegen den evangelischen Jugendpfarrer aus Jena geplatzt. Die Staatsanwaltschaft hatte dem evangelischen Pastor unter anderem vorgeworfen, bei Anti-Nazi-Protesten am 19. Februar 2011 in Dresden zu schwerem Landfriedensbruch aufgewiegelt zu haben. Am Dienstag nun setzte der Richter das Verfahren aus. Grund sind neue Berge von unsortiertem Videomaterial, die erst jetzt Eingang ins Verfahren gefunden hatten.

Zuvor hatten Königs Rechtsanwälte Johannes Eisenberg und Lea Voigt, die in anderen Angelegenheiten auch die taz vertreten, am Dienstagmorgen ein Video im Gerichtssaal vorgeführt. Dieses Video dokumentiert die taz hier. Die Textpassagen in dem Video wurden nicht von der taz, sondern von Königs Anwälten verfasst.

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Es soll eine Szene aus zwei verschiedenen Perspektiven zeigen, die Lothar König klar entlasten. Demnach sei in den Videos dokumentiert, wie eine unbekannte Frau mit einem Megafon die Menschenmenge aufruft, Ketten zu bilden. Anschließend kommt es zu Auseinandersetzungen.

Die Staatsanwaltschaft hatte König für die Auseinandersetzungen haftbar machen wollen – und unterstellt, aus seinem Lautsprecherwagen heraus sei es zu aufwieglerischen Parolen gekommen. Königs Anwältin Voigt sagt dagegen: „Wenn überhaupt irgendwelche Aufrufe in einem kausalen Zusammenhang zu irgendwelchen Straftaten stehen, dann sind sie aus einem Megafon an anderer Stelle erfolgt. Lothar König war zu der Zeit erwiesenermaßen woanders. Das belegen diese Videos.“

Heikel an den neuen Videos ist der Weg, wie sie Eingang in den Prozess gefunden haben: Erst am vorherigen Verhandlungstag hatte ein Polizist ausgesagt, es gebe rund 200 Stunden Filmmaterial vom gesamten Einsatztag in Dresden, das noch nicht bei den Akten war. Königs Anwälte hatten daraufhin das Material angefordert – und darunter auch die offensichtlich entlastenden Szenen gefunden.

Königs Anwältin Lea Voigt übt daran Kritik: „Das ist eine Frechheit. Hier wurde den Verteidigern entlastendes Material zielgerichtet vorenthalten und eine faire Verteidigung verhindert“, sagte sie der taz. Sie und ihr Kollege Eisenberg haben inzwischen Strafanzeige gegen einen Polizisten gestellt – wegen des Verdachts der Verfolgung Unschuldiger.

Bereits in der Vergangheit hatten andere Videoaufnahmen König entlastet. Verschiedene Initiativen, kirchliche Gruppen und Politiker hatten den Prozess gegen den Pastor immer wieder kritisiert. Erst am Montag hatte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) sich demonstrativ hinter König gestellt.

Am Dienstag beantragten die Anwälte auf Basis des neuen Materials die Aussetzung des Verfahrens. Unter diesen Bedingungen sei kein faires Verfahren möglich, die Sichtung des Materials dauere noch Monate. Der Richter folgte dem Antrag. Wie es weitergeht ist völlig offen. Das Gericht muss jetzt prüfen, ob es noch Grundlagen für ein Verfahren gegen König sieht – und das Verfahren gegebenenfalls in einigen Monaten neu aufrollen will.

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