Operndiva mit Halsschmerzen

Dieter Pfaff als Psychotherapeut: In „Bloch: Schwarzer Staub“ greift er zu ungewöhnlichen Methoden (20.15 Uhr, ARD)

Wenn ein guter Psychotherapeut sich dadurch auszeichnet, dass er die eigene Person hinter den Problemen des Patienten zum Verschwinden bringt, dann ist Bloch eine Schande für seine Zunft. Aber wie sollte er auch seine drei Zentner zum Verschwinden bringen? Er versucht es gar nicht.

Stattdessen führt sich der Seelenklempner so ungnädig auf wie eine Operndiva mit Halsschmerzen. Er neigt zur Bösartigkeit. Und es ist nicht zu erkennen, ob hinter seinem Auftreten Kalkül steckt oder bloß Launigkeit. Auf jeden Fall fruchtet es. Denn es zieht das Interesse der Lebensmüden und der manisch Menschenscheuen auf sich. So wird die Aufmerksamkeit von Personen geweckt, die sich sonst um sich selbst drehen.

Der dramaturgische Dreh der Serie „Bloch“ ist so simpel wie effizient: Die Untherapierbaren erhalten durch die unkonventionelle Vorgehensweise eine letzte Chance. Die Kniffe, mit denen der von Dieter Pfaff raumgreifend gespielte Psychologe seine Patienten knackt, scheinen zwar naiv. Aber dadurch, dass der Heilungsprozess der Kranken unauflösbar mit dem Leben des sozial kränkelnden Therapeuten verknüpft ist, wird die Gefahr umgangen, das Schicksal der Betroffenen als wohlfeile Fallbeispiele abzuspulen.

Eine Gefahr, die in Anbetracht des sich anbahnenden Psycho-Booms im Fernsehen nicht von der Hand zu weisen ist. Auf Sat.1 etwa gesellt sich nächste Woche zum TV-Kummerkasten „Zwei bei Kallwass“ die Psychiatrie-Serie „Die Anstalt“. Von den enthemmt vorgetragenen Alltagsneurosen und den klinischen Studien im Häppchenformat ist „Bloch“ weit entfernt. In dem prestigeträchtigen Projekt ist der Psychologe stets mehr als ein unbeteiligter Beobachter. Die Geschichte der Patienten wird mit der des Doc verknüpft – nicht aber vermischt.

Dass man sich an „Für alle Fälle Fitz“ erinnert fühlt, kommt nicht von ungefähr. Im Gegensatz zum britischen Kollegen arbeitet Bloch zwar nicht für die Polizei, aber der Film folgt den Regeln des Trauma-Thrillers. Der Psychologe übernimmt die Rolle eines Cops, seine Therapiegespräche erinnern an brutale Verhöre. In der ersten Folge rückt er einem Lungenkranken so lange mit Bier und beißenden Fragen auf den Pelz, bis der zusammenbricht. Das gehört zu seinen unkonventionellen Vorbereitungen, bevor er mit dem Patienten in düstere Seelenkeller hinabsteigt. Dass die Handlung dann in reale unterirdische Labyrinthe führt, ist eine findige optische Ausgestaltung dieses Seelen-Krimis. CHRISTIAN BUSS