Ein stets Suchender

Die deutsche Nachkriegsgeschichte in der Karikatur: Der Grenzgänger Bertram September und sein politischer Blick

Wer war Bertram September? Diese Frage stellen sich viele Menschen, seit vor kurzem einige der brisanten politischen Karikaturen eines Zeichners mit dem Künstlernamen Bertram September aufgetaucht sind. Auch hier kann diese Frage nicht schlüssig beantwortet werden. Nur so viel steht fest: Unter den politischen Karikaturisten der Nachkriegszeit nimmt Bertram September eine Ausnahmestellung ein. Auf „grobe Klötze“ wie den Deutschen Herbst, die Affäre Flick oder den Mauerfall setzt er einen „groben Keil“, wobei dem derben Strich doch stets ein gewisser Zartsinn entspricht: Für Bertram September ist auch das Politische immer erotisch und das Erotische politisch. Er ist ein Suchender in der Tradition von Daumier, Goya und Murschetz, ein Grenzgänger, der von den Redaktionen zeitlebens ausgegrenzt, ja totgeschwiegen wurde.

Deshalb soll hier nun erstmals eine kleine Auswahl seiner besten und wichtigsten Arbeiten im Druck erscheinen. Sie werden Kontroversen auslösen. Besseres kann man von politischen Karikaturen nicht sagen. Bertram September, von dem es heißt, dass er heute, geistig umnachtet, in einem Altenstift im Saarland lebe, wird sich dabei als höchst lebendiger Zeitgenosse erweisen, auch zurück bis in die jüngst vergangene Gegenwart und Zukunft der deutschen Gesellschaft, die sich auf ihn als einen der Ihren besinnen sollte, bevor es zu spät ist. GERHARD HENSCHEL,
OLIVER MARIA SCHMITT