Südafrikas Aidsaktivisten verlieren die Geduld

Per Gericht soll Südafrikas Regierung gezwungen werden, das Aidsmedikament Nevirapin für schwangere Frauen allgemein zugänglich zu machen

JOHANNESBURG taz ■ Südafrikas Aidsaktivistengruppe „Treatment Action Campaign“ (TAC) will die landesweite Zulassung des Aidsmedikaments Nevirapin für schwangere Frauen vor Gericht erzwingen. Ein entsprechender Antrag liegt dem Obersten Gericht in Pretoria vor. Gesundheitsministerin Manto Tshabalala-Msimang und die Abgeordneten der neun Provinzen haben bis zum 12. September Zeit, sich dazu zu äußern. Die Aktivisten setzen sich für eine sofortige Verabreichung des Medikaments in allen staatlichen Krankenhäusern ein, um die Übertragung des HI-Virus von Müttern auf ihre ungeborenen Kinder zu reduzieren. Die Regierung soll darüber hinaus einen nationalen Plan mit detaillierten Zeitangaben über Maßnahmen zur Vorbeugung der Übertragung des Virus von Müttern auf Kinder vorlegen. Dazu zählen auch Beratungen und Untersuchungen sowie Therapien für die Mütter.

Der Entschluss der Aidsaktivisten, vor Gericht zu ziehen, sei keine gegen die Regierung gerichtete Aktion, sagte TAC-Generalsekretär Mark Heywood. „Es ist ein Weg, die Regierung zu zwingen, ihren Verpflichtungen nachzukommen.“ Der Kampf der Aktivisten für die Zulassung des Medikaments reicht schon Jahre zurück. Die südafrikanische Regierung hatte die komplette Freigabe von Nevirapin, das in anderen Ländern längst Anwendung findet, zunächst wegen Unkenntnis von Nebenwirkungen und möglicher Resistenz sowie aus Kostengründen abgelehnt. Letztes Jahr drohte TAC, die Regierung deswegen zu verklagen, stoppte das jedoch, als die Gesundheitsministerin 18 Pilotprojekte ankündigte. Etwa 10.000 Frauen bekommen Nevirapin seitdem, doch TAC sieht das als unzureichend an. Im Frühjahr wurde Nevirapin offiziell in Südafrika registriert.

Die TAC-Gruppe wird in ihrer Forderung von 250 Ärzten unterstützt. „Krankenschwestern und Ärzte behandeln infizierte Babys jeden Tag. Wir sehen, was los ist, und müssen uns an Politiker wenden“, begründet Dr. Haroon Saloojee, Kinderarzt und Spezialist am großen Chris Hani/Baragwanath-Krankenhaus in Soweto, die gemeinsame Aktion.

In Südafrika bekommen jedes Jahr mehr als eine Million Frauen Kinder. Jede vierte Frau ist infiziert, die meisten wissen es nicht, schätzt TAC. Täglich werden mehr als 150 Kinder mit HIV geboren. „Sie leben kurze und miserable Leben mit Infektionen der Atemwege, Unterernährung und Durchfall“, erklärt TAC.

MARTINA SCHWIKOWSKI