Sprachen-TÜV für Kinder

SPD-Schulsenator will als Qualitätsoffensive für die Kitas Sprachtests für Vierjährige einführen. Einbezogen werden Kinder deutscher und nichtdeutscher Herkunft nicht nur in „sozialen Spannungsgebieten“. Verbände und GEW reagieren positiv

von TILMAN STEFFEN

Schulsenator Klaus Böger (SPD) plant Sprachtests für Vorschulkinder. Nach Vorbild eines in Wedding 1998/99 erprobten Modells sollen demnächst Kinder ab vier Jahren auf ihren Sprachstand hin untersucht werden. Sicher ist, dass in die Tests alle Vorschüler dieser Altersklasse einbezogen werden, also nicht nur die Kinder ausländischer Herkunft. Türkische Verbände und die Bildungsgewerkschaft GEW reagierten gestern positiv. Safter Cinar, Sprecher des Türkischen Bundes, zeigt sich zufrieden: „Der Sprachtest war unser Vorschlag.“ Erst im Juni hatte sein Verband Kontakt zum Bildungssenat aufgenommen.

Grund für das Vorhaben sind beunruhigende Entwicklungsstörungen bei Kindern, die Eltern und Lehrer beobachtet haben. Nicht nur in Stadtbezirken mit hohem Ausländeranteil können die Sprösslinge sich sprachlich schlecht ausdrücken und haben kindliche Allgemeinbildungslücken: Manche ordnen Weihnachten dem Frühjahr zu, klagt eine Lehrerin in Wedding. Andere können neben ihren Sprachdefiziten beim Basteln kaum Stift und Schere in der Hand halten, sagt der grüne Bildungsexperte Öczan Mutlu. Bleiben die Probleme der Kinder über Jahre unbewältigt, kommt es oft zum vorzeitigen Schulabbruch. Folge: Die Chancen auf einen Job sinken nahezu auf null.

Ab 2002 könnte die „Sprachstandsmessung“, wie der Test offiziell heißt, Wirklichkeit werden. Wo überall, ist noch unklar, „auf jeden Fall nicht nur in sozialen Spannungsgebieten“, sagt Bögers Sprecher Thomas John. Die Methodik der Sprachprüfung von Vierjährigen muss zunächst von Fachleuten entwickelt werden, bisher existiert nur der Test für Grundschüler.

Gleichzeitig muss die Ausbildung des Kindergartenpersonals generell überarbeitet werden, heißt es in der Senatsverwaltung. Auch GEW-Vizechefin Sanem Kleff verlangt, der Spracherziehung bei Fortbildungen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Diese sei zurzeit weder in die Lehrer- noch in die Erzieherausbildung integriert. Ausnahme: sechs Stunden „Deutsch als Zweitsprache“ währen der gesamten Ausbildungszeit.

Auch die Sprachtester selbst müssten ausreichend geschult sein, meint Safter Cinar vom Türkischen Bund. Darüber hinaus müsse der Test „atmosphärisch in Ordnung sein“, kein Kind dürfe dabei verängstigt werden. Mehrsprachiges Personal fordert der Grüne Mutlu, „damit Erzieher die Kinder dort abholen können, wo sie sind“. Auch müssten Kitas endlich als vollwertige Bildungseinrichtungen anerkannt werden.

Fördere ein Test Sprachmängel zutage, sollen die dafür ausgebildeten Erzieherinnen diese dann im normalen Umgang ausgleichen, sagt Angelika Hüfner, pädagogische Referentin des Schulsenators. Sprachspiele oder das spielerische Ordnen falsch gebildeter Sätze seien Wege der indirekten Hilfe. Auch die Eltern sollen Tipps und Empfehlungen erhalten, wie sie ihrerseits den Mängeln bei ihrem Nachwuchs abhelfen können.