Ein Wochenende gelebte Utopie

Einen ersten Preis gab es einst für das Modell eines Jugendfreizeitparks im ehemaligen Kabelwerk in Köpenick. Seither beschwichtigt der Senat die jugendlichen Initiatoren mit dem Hinweis auf leere Kassen. Mitte Mai gibt es immerhin ein Fest

von TILMAN STEFFEN

Die 500 Meter vom ehemaligen Werkstor bis zur Spree sind gut zu überblicken. Nur noch seitlich der Ödnis aus Beton, Erde und Schotter ragen die roten Backsteinfassaden des ehemaligen Kabelwerks in Köpenick auf. Ein Teil der Gebäude wurde geschreddert und abtransportiert. Zäune begrenzen den trostlosen Ort. Doch das Überbleibsel verfehlter DDR-Planwirtschaft ist auch Spielwiese lebendiger Fantasien.

Moritz Friedrich hat den Traum für seine Freunde vom „alleins e.V.“ schon mal zu Papier gebracht. Die Zeichnung des jungen Grafikers zeigt einen BMX-Parcours, HipHopper, Skateboarder, gitarrenbehangene Musiker in Aktion, Jugendliche in Feierlaune. So soll es einmal zugehen im „Mellow Park“, der Traum-Location auf der Brache des ehemaligen Kabelwerks.

Doch „mellow“ (ausgereift) ist die Vision noch nicht. Bisher existiert sie nur auf dem Plakat für die „Mellow Park Jam“ am Wochenende vom 15. bis 17. Juni. Und sie existiert in den Köpfen von Marco, Alexander, Lars, Jochen, Golle und vielen anderen der über 100 eingetragenen Clubmitglieder.

Von einem Jugend-Park mit BMX-Strecke, Skatebahn, Konzertbühne, Basket- und Beachvolleyballfeld träumen sie. 1,3 Millionen Mark würde das kosten. Ein Architekt hat es ihnen ausgerechnet, weil sie mit ihrem Pappmodell 1999 den Preis des Kreativwettbewerbs „Jugend entwickelt das neue Berlin“ gewannen. Die Jury, darunter die SPD-Senatoren Peter Strieder und Klaus Böger, sparte nicht mit Lob: „Innovativ und zukunftsweisend“ sei der Vorschlag. Die Marketinggesellschaft „Partner für Berlin“ überreichte einen Gutschein über „Hilfe beim Suchen weiterer Unterstützung“. Doch deren Vermittlungsversuche blieben erfolglos. Im vergangenen Jahr kam nicht einmal die „Mellow Park Jam“ zustande.

Das erneut geplante Festival rückt nun näher. Und so schaufeln Jochen, Golle, Hans und die anderen zunächst selber für ihren Traum. Mehrere Tonnen Schutt haben sie schon zusammengeschoben und abtransportieren lassen. Das Bezirksamt hat Lehm angefahren, zum Groove des Ghettoblasters formen die Jugendlichen daraus BMX-Sprungschanzen. Auch ein Strandfußballfeld werden sie aufschütten, provisorisch.

Denn trotz der langfristigen Utopien haben sie das Gelände nur bis zum 30. Juni von der Treuhandliegenschaftsgesellschaft (TLG) gemietet. Zum symbolischen Preis. Man habe einen guten Eindruck von den Jugendlichen, sagt TLG-Sprecherin Sabine Rentrop. Weniger jedoch vom Senat, denn der hat das Gelände für Industrie und Gewerbe verplant. Die TLG würde dort lieber Eigenheime bauen.

Die Köpenicker Jugendamtsleiterin Doris Sneed sagt, der Verein könne den Nutzungsvertrag für das Gelände verlängern. Für den „Mellow Park“ als Großprojekt fehlt jedoch der politische Wille. Die Jugendlichen sollten die Senatoren wieder für ihre Vision gewinnen, sagt Sneed. Das Internetcafé, das Tonstudio oder der Breakdanceworkshop werden bereits vom Bezirk finanziert. Mehr geben die leeren Kassen offenbar nicht her.

Wenn der Bezirk den „Mellow Park“ will, werde auch der Senat nach Möglichkeiten suchen, sagte gestern Thomas John, Sprecher von Jugendsenator Böger. Die Jugendlichen müssten nur einen Antrag stellen. Doch wie ernüchternd dies sein kann, wurde gestern deutlich: Einer der Finanzanträge für das Jam-Wochenende wurde von der Jugend- und Familienstiftung gestern abgelehnt. Geld gab’s nur für ein Breakdance-Festival.