Fortlaufende Forderungen

Die Krankenversicherung soll zusammenschrumpfen. Nur das medizinisch Notwendige soll solidarisch finanziert werden, sagen die Ärzte. Für den Herbst droht der KBV-Chef heiße Aktionswochen im Osten Deutschlands an

LUDWIGSHAFEN ap/taz ■ Kaum dass die ersten Gerüchte über den Zeitpunkt für eine neue Gesundheitsreform in der Welt sind, machen die Ärzte mobil. Angeblich, so eine Zeitung gestern, soll Bundesgesundheitsministerin Schmidt für das Jahr 2003 eine umfassende Reform planen. Zwar lässt Ulla Schmidt (SPD) pflichtschuldigst alle Annahmen dementieren. Aber die Ärzte bereiten sich schon einmal auf die neue Zeit vor. Der Leistungskatalog der Krankenversicherung müsse auf eine Grundversorgung heruntergeschraubt werden, sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Manfred Richter-Reichhelm, gestern auf einer Versammlung der KBV-Vertreter.

Alle Wünsche nach medizinischer Versorgung, die über den Grundkatalog hinausgingen, sollten vom Patienten selbst beziehungsweise von einer privaten Versicherung vergütet werden. Zudem soll sich die Höhe des Kassenbeitrags nicht nur am Lohn, sondern auch an Einkünften etwa aus Vermietungen orientieren, so Richter-Reichhelm. Diesen Vorschlag begründete er damit, dass nur so alle Versicherten vom medizinischen Fortschritt profitieren könnten: „Wir können nicht ständig neue, teure diagnostische und therapeutische Leistungen in den Katalog aufnehmen, ohne dass es hierfür weiteres Geld gibt.“

Der KBV-Chef warf den gesetzlichen Krankenkassen vor, Milliardenbeträge zu verschleudern. Nachgewiesen seien bereits 600 Millionen Mark, wahrscheinlicher sei, dass es um Milliarden gehe. Angeblich verpulverten die Kassen das Geld im Kampf um ihre Mitglieder. Sie böten versicherungsfremde Leistungen, um die jungen, fitten, zahlungskräftigen Mitglieder zu werben. „Das ist ein Skandal“, so Richter-Reichelm.

Ulla Schmidt attestierte er „hohe Gesprächsbereitschaft“. Mit der neuen Gesundheitsministerin sei viel in Bewegung gekommen. Doch das ist den Ärzten nicht genug. Wie in den vergangenen Jahren drohen sie auch für diesen Nachsommer einen „heißen Herbst“ an, wenn die „katastrophale Unterfinanzierung der ambulanten Versorgung in den neuen Bundesländern“ nicht bald zufriedenstellend gelöst werde.

Die starken Sätze sprach Richter-Reichhelm anlässlich der Ärztewoche. Deren Höhepunkt ist der 104. Deutsche Ärztetag, der heute von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt eröffnet wird. Gestern hatten die Ärzte ihr noch angeboten, bei der Streichung von Kassenleistungen behilflich zu sein. ROGA