Die Leichen aus dem Keller

„... und zum Dritten“: 1,5 Tonnen taz aus den Achtzigerjahren kamen am Sonntag unter den Hammer. Was nicht versteigert wurde, wanderte ins Altpapier – unwiederbringlich

BERLIN taz ■ „Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern, nichts so aktuell wie die Zeitung von vorgestern“, sagte Auktionator Dr. Seltsam. Und er hatte Recht: 300 Quartalsausgaben mit taz-Exemplaren aus den wilden Achtzigern kamen am Sonntag unter den Hammer bzw. in die Tonne.

Exmitarbeiter, Mitarbeiter und Interessierte hatten sich an der Versteigerung der goldgrün eingefassten Folianten beteiligt. Motto: „Rettet die taz der Achtzigerjahre.“ Dabei gemahnte nicht nur ein Transparent mit dem Kartoffeldruck „Täglich eine linke radikale Zeitung“ von den Stürmen vergangener Zeiten, sondern auch die rege emotionale Anteilnahme der Bietenden. Der Ausverkauf wurde mit kritischen („Vielleicht lügt die taz?“), humorvollen („Die taz lügt nie!“) und auch bösartigen Anekdoten („Klar lügt die taz!“) begleitet.

Dass etwa die 1989 geäußerte Aufforderung, den „Traum vom Sozialismus endlich zu vollenden“ für schlappe 10 Mark verkauft wurde, mag Wasser auf die Mühlen mancher Kritiker sein. Andere dagegen waren gekommen, um sich als ehemalige taz-Krabbelgruppen-Mitglieder die Ausgabe mit eigenen Kinderfotos zu erwerben. Gefallen fand auch eine Arno-Schmidt-Rezension, die nur aus Säzzer-Kommentaren bestand und die demokratische Kultur des Zwischenrufs aus der Produktion illustriert. Kein Wunder, dass Veteranen wie Uli Dillmann mehr für ihre Texte boten, als sie damals dafür bezahlt bekamen. Transportprobleme gab’s angeblich keine: „Wir fahren ja heute alle Landrover“. Immerhin: Der Erlös von rund 1.700 Mark geht an den „Ermittlungsausschuss für die Unterstützung strafrechtlich Verfolgter der linken Bewegungen“. ARNO FRANK