Die Quote stimmt wieder

Frau, Mutter, Staatssekretärin: Christa Stewens wird neue Sozialministerin. Mit seiner moderaten Personalwahl wahrte Ministerpräsident Stoiber nur notdürftig den Proporz

NÜRNBERG taz ■ Sie hielt bisher Festreden beim Landfrauentag, Hauptreferate vor lokalen Forstvertriebsgemeinschaften und legte sich beim letzten Jahrhundert-Hochwasser an der Donau mächtig ins Zeug. Jetzt ist Christa Stewens auch bayerische Ministerin für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie und damit Edmund Stoibers personifizierter Befreiungsschlag nach dem Rücktritt der von Schweinemast- und Korruptionsskandalen gebeutelten Barbara Stamm.

An eine große Kabinettsumbildung, die den Hinauswurf des unter Beschuss geratenen Landwirtschaftsministers Josef Miller mit eingeschlossen hätte, hat sich der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef also nicht herangetraut. Stoiber wählte die kleinstmögliche Variante.

Stewens, 55, demonstrierte lange als Kommunalpolitikerin, wie sie ihre sechs Kinder und die Politik unter einen Hut bringt. 1994 zog sie in den Landtag ein; vier Jahre später holte Stoiber sie als Umweltstaatssekretärin ins Kabinett. Dort wurde sie kaum wahrgenommen, ihr Vorgesetzter, Umweltminister Schnappauf, soll sie systematisch kleingehalten haben. Süffisant bemerkte denn auch SPD-Fraktionschef Franz Maget, dass er über die neue Ministerin „weder Negatives noch Positives sagen“ könne. Sie sei ihm „bislang nicht aufgefallen“.

Sichtlich schwer tat sich Ministerpräsident Stoiber mit der Kabinettsumbildung. Nach dem Rücktritt der Unterfränkin Stamm galt es, nicht nur den Regionalproporz zu wahren, sondern auch den Frauenanteil im bayerischen Kabinett nicht noch weiter zu minimieren. Zudem sollte die Ministernachfolge aus dem Kreis der Landtagsabgeordneten erfolgen. Deren Murren über den Seiteneinsteiger Wolfgang Herrmann als neuer Minister für Gesundheit und Verbraucherfragen klang Stoiber noch mächtig in den Ohren.

In Ermangelung einer ministrablen unterfränkischen Landtagsabgeordneten machte Stoiber die oberbayerische Staatssekretärin Stewens zur Ministerin. Mit Kultusministerin und Strauß-Tochter Monika Hohlmeier hat Bayern damit zwar weiterhin zwei Ministerinnen, aber die Oberbayern machen zwei Drittel der Ministerriege aus. Um die unterfränkische CSU zu befrieden, hievte Stoiber den Forstdirektor Eberhard Sinner als Staatssekretär ins Umweltministerium. Der 56-Jährige hatte sich in der Vergangenheit beim Bauernverband und so manchem CSU-Abgeordneten durch sein konsequentes Eintreten für eine Neuorientierung der Agrarpolitik unbeliebt gemacht.

BERND SIEGLER