Ex und Po als Lockmittel?

„Hannover liegt zwar nicht am Arsch der Welt, aber man kann ihn von dort aus sehr gut sehen“, hat Harald Schmidt einmal gesagt. Sieht ganz danach aus, dass der Sat.1-Entertainer Recht behalten soll. Mit der Weltausstellung feiert die Stadt an der Leine fast Halbzeit, steuert aber offensichtlich in ihre größte Pleite.

Wenn die Expo am 31. Oktober ihre Tore schließt, wird in der Landeskasse ein Milliardenloch übrig bleiben. Noch immer warten mehr als sechshundert Millionen Mark Finanzierungskosten auf ihre Deckung.

Ganz abgesehen von Pavillon- und Restaurationsinvestoren auf dem Gelände, die sich völlig verkalkuliert haben und schon jetzt wieder die Segel streichen. Rund 2.700 Arbeitsverträge sind seit Beginn der Expo am 1. Juni bereits gekündigt oder nie wirksam geworden.

Vielleicht hätte man mehr Besucher mit der Aussicht auf Hostessen in pofreien Röcken locken können. Auf den blanken Backenhälften ein E und X gemalt. Die Idee jedenfalls hatte es im Vorfeld einmal gegeben.

Jedoch verheißt auch ein Blick auf das offensichtlich anzügliche Gewerbe im Sperrbezirk der niedersächsischen Hauptstadt kaum bessere Umsätze. Obwohl die Polizei Hannover-Mitte Juli einen Menschenhändlerring aus Polen sprengen konnte, hat sich die Stadt mittlerweile mit Prostituierten gefüllt wie ein Kaufhaus zum Sommerschlussverkauf.

Und der Nachschub rollt stetig weiter. Die Polizei rechnet mit gut 2.500 Sexarbeiterinnen, nach Auffassung der Sozialarbeiterinnen von Kobra, der zentralen Koordinierungs- und Beratungsstelle für Opfer von Frauenhandel, und Phönix, der Beratungsstelle für Prostituierte, können es aber auch doppelt oder dreimal so viele sein.

Allein die Zahl der Frauen, die zu ihnen kommen, um gegen Menschenhändler auszusagen, hat sich seit Beginn des Jahres verdreifacht. Insofern scheinen sich Menschenhändler und Zuhälter bester Umsätze zu erfreuen, die das Defizitloch der Expo-Gesellschaft locker stopfen könnten.

Aber jene denken natürlich weder daran, dieses Minus zu decken noch die Haushaltslöcher der Prostituierten zu füllen, die als letztes Glied der Kette momentan kaum ihre Unkosten decken können. Die Konkurrenz ist groß, die Nachfrage bis jetzt gering. Sie sind wirklich am Arsch der Welt gelandet.

Hilfe und Beratung finden Frauen bei: Kobra, Fon (0511) 70 11 517 und Phönix, Fon (0511) 14 646 oder unter E-Mail Phoenix.e.V.@t-online.de

PETRA WELZEL