WWF kuscht vor Holzkonzernen

Umweltschutzorganisation hielt brisanten Bericht über Regenwaldzerstörung drei Jahre lang zurück. Grund ist die Angst vor Rechtsstreits. Die Autoren sind enttäuscht. Regenwaldzerstörung in Indonesien und anderswo schlimmer als je zuvor

von MAIKE RADEMAKER

Eine der weltweit größten Umweltschutzorganisationen hat Angst vor der eigenen Courage bekommen: Der World Wide Fund (WWF) soll zusammen mit der EU einen brisanten Bericht über Regenwaldvernichtung drei Jahre lang aus Angst vor Ärger unterdrückt haben. Dies berichtete die britische Zeitung The Guardian vergangene Woche.

Die Organisation habe befürchtet, dass sie selbst und ihre Niederlassungen in einigen Ländern Probleme bekomme, weil Holzfirmen und Regierungen in der Originalversion von 1997 genannt und wegen Raubbau-Methoden und Missbrauch von Entwicklungshilfegeldern angegriffen werden. Der Report sei deswegen im Auftrag der EU zweimal umgeschrieben worden, Namen wurden getilgt und Details geschönt. Selbst diese letzte Version habe der WWF aber dann noch einmal ein Jahr zurückgehalten und modifiziert.

Der WWF widersprach dem Artikel mit einer Presseerklärung. Korrekturen seien demnach notwendig gewesen, um die Studie nach der Asienkrise auf den neuesten Stand zu bringen und „drohende Rechtsstreits mit einigen der mächtigsten Konzerne der Welt“ zu vermeiden, hieß es darin.

In der ersten Version haben die beiden Autoren laut dem Guardian erschreckt von ihren Untersuchungsergebnissen ein Einschlagmoratorium in elf Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas gefordert. Vor allem asiatische Holzfirmen seien mittels Bestechung in den armen Ländern an Einschlagskonzessionen gekommen und hätten die Wälder geplündert. Die Regierungen dieser Länder würden dabei durch internationale Finanzinstitutionen wie Weltbank und Währungsfonds gezwungen, ihre Wälder an multinationale Konzernen zu verschleudern, um ihre Schulden zu bezahlen.

Die Autoren, Nigel Sizer vom World Resources Institute in Washington und ein Berater des WWF Belgien, Dominiek Plouvier, hätten in der ersten Version deswegen eine Einfrieren der EU-Entwicklungshilfe für die betroffenen Länder gefordert. Die letzte Version des Berichts soll laut WWF ab Juli dieses Jahres erhältlich sein und ins Internet gestellt werden. Sizer zeigte sich dem Guardian gegenüber enttäuscht von den Änderungen: „Wir waren sehr sorgfältig bei unseren Schlussfolgerungen. ... Ich stehe zu allem, was in dem Entwurf stand“, wurde der Waldexperte zitiert.

Während der WWF vor den Konzernen kuscht, werden die Regenwälder beispielsweise in Indonesien durch illegalen und legalen Bergbau, Feuer, Plantagen und Holzeinschlag schneller zerstört als noch vor ein paar Jahren. Die Abholzungsrate ist doppelt so hoch wie die Schätzungen der Weltbank von 1994 – 1,5 Millionen Hektar pro Jahr. Auch aus den Salomon-Inseln – ebenfalls in der Studie genannt – und Peru werden unvermindert hohe Einschläge gemeldet.