Elf verängstigte Könner ...

■ Werder ergurkt ein torloses Unentschieden gegen Viking Stravanger

Die gute Nachricht zuerst: Andi Herzog hat wieder Luft für 90 Minuten und wieder das Selbstbe-wusstsein, lange Pässe und fies angeschnibbelte Flanken zu schlagen. Ansonsten aber gibt es vom Hinspiel in der Uefa-Pokal-Runde Zwei gegen Viking Stravanger nichts Erfreuliches zu berichten.

0 : 0 endete am Donnerstag die erste von zwei Kraftproben – eine dürftige Ausgangsposition für das Rückspiel in zwei Wochen in Norwegen. „Wenn die gegen diese Truppe ausscheiden, verbrenn' ich meine Dauerkarte,“ knurrte ein bärtiger, in einen fetten Grün-Weissen-Schal eingemummelter Fan in der Nordgeraden. Werder ist zwar oft für ein Europapokal-Wunder gut. Aber nach einem derart schwachen Spiel ist man doch schwer versucht, so einem verzweifelten Menschen Feuer anzubieten, denn tor- und trostlos kickten sich die Grün-Weissen durch die gesamte Spielzeit.

Dabei hatten die ersten vier, fünf Minuten ganz ansehnlich begonnen. Flinke Pässe, präzises Abspiel in die Spitze, mit Mühe und Not klärt ein Norweger zur Ecke. Ein paar Momente später luchst der schlaue Pizarro einem Verteidiger nach einem kurzen Abschlag das Leder ab, wieder Ecke. Tja, und dann??? Während die letzten 20 Minuten beim Heimspiel gegen 1860 München wenigstens andeuteten, dass die Mannschaft so gefährlich stürmen kann, dass gelegentlich sogar Siege möglich scheinen, hätte Werder am Donnerstag auch drei Stunden und länger spielen können, ohne ein Tor zu schiessen.

Die Pässe in die Spitze waren fortan samt und sonders zu unpräzise (Hauptschuldiger: Julio Cäser), die Flanken erbärmlich (Hauptschuldiger: der immerhin rührige und quirlig stürmende Tjikuzu), die Kurzpässe kamen zu spät, zu viele Bälle wurden vertendelt (Hauptschuldiger: der eingewechselte Maximov). Drei gute Weitschüsse (Frings, Herzog, Pizarro) und ein Bode-Kopfball, den ein Norweger von der Linie bolzte – das war alles und es war viel zu wenig, um den Eindruck einer Mannschaft zu vermitteln, die den Gegner unter Druck setzt.

Wicky und immer weider Eilts rackerten zähnefletschend im Mittelfeld, Frings versuchte, flink zu kombinieren, Herzog liess in einigen genialen Augenblicken erahnen, wie gut er sein kann. Aber an der Strafraumgrenze gaben sie alle den Ball freundlich an die mit neun Mann dicht gestaffelt wartenden Norweger heraus und die Sturmreihe schaute dabei zu. Dass sich am Ende mit Ailton, Bogdanovic und Pizarro gleich drei Spitzen an der Strafraumgrenze im Weg standen – Nationalstürmer Marco Bode war, um Platz zu schaffen, sogar in die Abwehr beordert worden – sorgte für noch mehr Verwirrung. Torgefährlicher wurde Werder durch dieses verzweifelte Einwechsel-Experiment von Trainer Thomas Schaaf definitiv nicht.

Der wird nun viel psychologische Aufbauarbeit leisten müssen, um einer Truppe von an sich guten, aber völlig verunsicherten und verängstigen Kickern wieder einzureden, dass es okay ist, mal selbst im Strafraum abzuziehen und nicht nach dem Sankt-Florians-Prinzip den Nebenmann zu suchen, auf das er den Ball ins Tor tragen möge.

Trost und Zuspruch könnten allerdings auch die knapp 6.000 enttäuschten Zuschauern gebrauchen, denn es war kalt, langweilig und schlecht. Und wenn auf die Bier-Becher nicht 2,50 DM Pfand wären, sie wären wohl zu Dutzenden in Richtung Spielfeld geflogen.

Lars Reppesgaard