„Die SPD hat völlig versagt“

■  Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Eberhard Schönberg, über die Gründe für seinen Austritt aus der SPD: „Freiwillige Hobbypolizisten mit Waffe gefährden die Bevölkerung“

taz: Herr Schönberg, warum haben Sie die SPD verlassen?

Schönberg: Anlaß war die Auseinandersetzung um die Freiwillige Polizeireserve. Ihre Abschaffung fordern wir schon seit über 20 Jahren, aber jetzt hat die Frage eine neue Dimension bekommen: Jetzt geht es nicht mehr um eine Reserve, sondern darum, daß Hobbypolizisten richtigen Polizeidienst machen sollen. Hier hat die SPD entgegen ihren Parteitagsbeschlüssen völlig versagt. Entweder haben die überhaupt nicht begriffen, worum es geht, oder es ist ihnen egal. Beides wäre schlimm.

Was passiert denn, wenn Leute mit zweiwöchiger Ausbildung Polizeiaufgaben übernehmen?

Polizisten werden in Berlin überwiegend mit Abitur eingestellt und sechs Semester an der Fachhochschule ausgebildet. Nun sollen Leute in zwei Wochen zu Hobbypolizisten werden und eine Waffe bekommen. Das ist blinder Aktionismus. Man will vorgaukeln: Wir haben die innere Sicherheit im Griff. In Wahrheit ist es eine Gefährdung der Bevölkerung.

Wie erklären Sie sich, daß die SPD das mitgemacht hat?

Ich kann mir das nicht erklären. Ich habe vor der Entscheidung alle Abgeordneten angeschrieben, um ihnen klarzumachen, daß das ein ganz entscheidender Schritt ist. Mehr kann man nicht tun.

Gab es weitere Gründe für Ihren Austritt?

Die GdP hat versucht, mit der CDU, der SPD und dem Innensenator in einem „Bündnis für Sicherheit“ die Probleme der inneren Sicherheit zu diskutieren. Doch das war offenbar ein Versuch am untauglichen Objekt. Das betrifft auch die CDU. Aber aus der CDU kann ich nicht austreten, weil ich ihr nicht angehöre.

Wenn Sie mit der Sicherheitspolitik der SPD schon so lange Probleme haben, warum sind Sie nicht früher ausgetreten?

Weil sich die Mitgliedschaft in einer Partei nicht nur nach einem Thema richtet. Ich persönlich habe angefangen zu zweifeln, als Momper wieder Spitzenkandidat wurde. Mit Momper ist keine Wahl zu gewinnen, und mit Momper ist auch keine Politik zu machen – jedenfalls keine, die wir im öffentlichen Dienst für notwendig halten.

Sie hatten kritisiert, daß die Polizei kein zusätzliches Personal bekommt. Ist das angesichts der Haushaltslage realistisch?

Wir könnten mit dem Personal auskommen, wenn eine moderne Ausstattung bereitgestellt würde. Aber dieses Versprechen wurde nicht eingehalten, so daß wir mehr Beamte brauchen. Sicher kann Berlin das nicht allein bezahlen. Aber es gäbe intelligente Lösungen, die kein Geld kosten. Doch es tut sich nichts. Hier wird nicht regiert. Das ist ätzend.

Der innenpolitische Sprecher der SPD hat Ihnen vorgehalten, die Partei sei Ihnen mit der Einführung der zweigeteilten Laufbahn entgegengekommen.

Das mag sein. Aber im mittleren Dienst wird auf CDU-Wunsch weiter eingestellt. Auch da konnte sich die SPD nicht durchsetzen. Es paßt auch nicht zusammen: Mit der zweigeteilten Laufbahn ist eine Qualifizierungsoffensive verbunden. Gleichzeitig stimmt diese Partei für Hobbypolizisten. Ich kann mir das nicht mehr erklären. Interview: Ralph Bollmann