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Friedel Rausch, 38. Trainer beim 1. FC Nürnberg, sieht „unheimliches Potential“ und hofft auf herumliegende Millionen  ■ Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) – „Ich müßte lügen, wenn ich nicht stolz wäre, in Nürnberg Trainer zu sein.“ Das sagten alle 37 Trainer, die in den vergangenen 35 Jahren beim 1. FCN angeheuert hatten. Sie redeten dann von „Tradition“, von „Nostalgie“, von „vorzüglichen Rahmenbedingungen“ und vom „unheimlichen Potential“, das nur geweckt werden müsse, natürlich vom jeweiligen selbst. Friedel Rausch, die aktuelle Nummer 38, macht da keine Ausnahme.

Nach dem familiär bedingten Weggang von Willi Reimann am 2. Dezember war Rausch zwar nur „Kandidat Nummer 1b“ auf der Wunschliste des abstiegsbedrohten „Club“ gewesen. „Unsere 1a war Winnie Schäfer“, bestätigt Vizepräsident Gerard Monin, während der allmächtige Präsident Michael A. Roth halb privat, halb geschäftlich im sonnigen Florida weilt. Doch Winfried Schäfer widerstand den Verlockungen des 1. FC Nürnberg, der ihm zuletzt einen langfristigen Vertrag, vergütet mit 1,6 Millionen im Jahr und der Zusicherung, drei neue Spieler zu verpflichten, angeboten hatte. Der Kader sei „zu schwach“, begründete Schäfer seine Absage. Er hatte keine Lust auf ein vermeintliches Himmelfahrtskommando. Immerhin hat der 1. FCN die letzten zehn Spiele nicht mehr gewonnen, bei keinem einzigen Heimspiel konnte er drei Punkte einfahren, und wenn es in der Schlußphase mal einen Vorsprung gab, wurde dieser nahezu immer leichtfertig verspielt.

Defizite im Kader, das hatte schon Reimanns Vorgänger Felix Magath bemängelt, als er nach erfolgreich absolviertem Aufstieg kurz vor Saisonstart das Handtuch schmiß. Club-Präsident Roth, von dem Magath sagte, daß er „nicht den Hauch einer Ahnung vom Fußball“ habe, verweigerte ihm damals nicht nur einen langfristigen Vertrag mit Ausstiegsprämie, sondern auch die Verpflichtung weiterer Verstärkungen. „Wir wollen uns nicht noch einmal hoch verschulden“, hatte der Teppichmogul gebetsmühlenartig wiederholt.

Das ist nun Schnee von gestern. Drei Millionen Mark stellt Roth jetzt für Verstärkungen in Aussicht, und das Karussell der Namen dreht sich munter: Thomas Helmer, Stefan Reuter, Thomas Häßler, Wolfgang Feiersinger, Knut Reinhardt. Einer steht aber schon fest. Ex-Nationalkeeper Andreas Köpke – die Freigabe von Olympique Marseille soll nur noch eine Formsache sein – kehrt nach Nürnberg zurück. Dort stand er von 1986 bis zum Abstieg 1994 zwischen den Pfosten. Ob er den durch so manche Unsicherheit auffällig gewordenen Schweizer Nationalkeeper Andy Hilfiker oder den hoffnungsvollen U-21-Hüter Dariusz Kampa verdrängen wird, ist noch offen.

„Die Härte ist nun mal Bestandteil unseres schönen Männersports“, hatte Rausch in seiner Zeit als Trainer des 1. FC Kaiserslautern einmal gesagt. Und Härte will der langjährige linke Verteidiger in den Diensten von Schalke 04 nun in Nürnberg beweisen. „Ich bin der Cheftrainer, wer hier spielt, bestimme ich.“ Nicht noch einmal, spielte er auf seine unglückliche jüngste Vergangenheit in Mönchengladbach an, werde er sich von einem Manager sagen lassen, welcher Spieler zu verpflichten sei. Rausch hat leicht reden, ist doch nach der Entlassung von Georg Volkert der Managerposten in Nürnberg eh vakant. Auch von fehlendem Geld will sich der gebürtige Duisburger nicht mehr bremsen lassen: „Vielleicht liegen doch noch irgendwo ein paar Millionen herum.“ Auf dem Konto von Club-Boß Roth gewiß.

Dem FCN-Präsidium hat die „unheimlich viele Erfahrung“ von Rausch „auch im Abstiegskampf“ mächtig imponiert. Vergessen ist, daß dieser in der letzten Saison die Borussia aus Mönchengladbach nur dank einer gehörigen Portion Glück, sprich eines um ein Tor besseren Torverhältnisses, vor dem Abstieg bewahrte, um in der aktuellen Saison die Mannschaft postwendend wieder in die Abstiegszone zu befördern.

Genau da will er den Club nun herausholen. „Eine schwere, aber lösbare Aufgabe“, gibt Rausch sich wenig bescheiden. „Wir haben noch 16 Spiele, etwas zu bewegen.“ Aber auch erst 15 Punkte auf dem Konto.