Das kann doch unseren Willi nicht erschüttern

■ Der 1. FC Nürnberg verliert 1:5 gegen 1860 München, Trainer Reimann bewahrt Ruhe

Nürnberg (taz) – Die Hände auf dem Rücken verschränkt, leicht näselnde Stimme, den Kopf nach oben und immer etwas wippend – der Nürnberger Trainer Willi Reimann ähnelt zusehends dem Komiker Heinz Erhard. Der hatte Anfang der 70er Jahre mit seinen „Willi“-Filmen für Kassenschlager gesorgt. „Was ist bloß mit Willi los?“ hieß 1970 der erste, und genau das dürften sich die Verantwortlichen beim Club gedacht haben, als Trainer Felix Magath kurz vor Bundesliga-Start den Aufsteiger verließ. Reimann, vom VfL Wolfsburg gefeuert, kam. Er versprach keine Wunderdinge, sondern harte Arbeit und übernahm das schwierige Amt ganz nach der Devise „Das kann doch unseren Willi nicht erschüttern“ (Heinz Erhard, 1970).

Als Abstiegskandidat Nummer 1 eingestuft, sorgte der Club mit Offensivfußball für Furore. Michael Wiesinger und der ukrainische Nationalspieler Andrei Polunin übernahmen das Kreative, Pavel Kuka und der Mazedonier Sasa Ciric das Toreschießen. Nach fünf Spieltagen war der Club noch immer ungeschlagen, und „unser Willi ist der Beste“ (Erhard 1971) in Franken angesagt.

Dann aber machte Nürnbergs Defensivabteilung schlapp. Niederlagen in Frankfurt und gegen Wolfsburg im Pokal, jetzt ein 1:5-Debakel zu Hause vor ausverkauftem Haus gegen die Münchner Löwen. Die haben sich von ihrem großem Bruder in der bayerischen Landeshauptstadt, dem FC Bayern, abgeguckt, wie man clever und effizient spielt. Dazu gehören blitzschnelle Tore. Gegen Gladbach nach zwei Minuten, gegen Hertha nach 101 Sekunden und jetzt gegen Nürnberg nach fünf Minuten. Flanke von Cerny, und in der Mitte steht mutterseelenallein Schroth: 0:1.

Danach tat sich nach vorne bei 1860 nicht allzu viel, doch Libero Vanenburg und seine Nebenleute hatten alles im Griff. Nahezu. Einen Kopfball von Ciric konnte 1860-Keeper Hofmann nur mit Mühe von der Linie kratzen. Dann ein Pfostenschuß von Thomas Richter, aber da stand es bereits 0:2 durch einen Verlegenheitsschuß von Stevic, den eben dieser Richter ins eigene Tor abgefälscht hatte. Zwei „Chancen“, zwei Tore, ansonsten grundsolide gespielt, das hat FCB-Format. Auch durch den Anschlußtreffer von Richter ließen sich die Löwen nicht beeindrucken, zumal der Club weiterhin Geschenke verteilte. Ein Schüßchen von Cerny, eines von Dinzey und ein Kopfball von Jowow besiegelten die höchste Club-Heimniederlage seit Jahren. Die FCN-Abwehr war so löchrig wie ein Schweizer Käse. Der gelernte Käser im Tor der Franken, Andreas Hilfiker, war bedauernswert.

Club-Präsident Roth verschlug es nach dem Spiel die Sprache. „Der Trainer wird schon wissen, was zu tun ist“, tönte er ganz nach Erhards letztem Kinohit „Der Willi wird das Kind schon schaukeln“ (1971). Der Nürnberger Willi enthielt sich nach dem Spiel „vorschneller Äußerungen“. Ruhe bewahren, lautet seine Devise, von einem resignierten „Das hat man nun davon“ ist er noch weit entfernt. Unter diesem Titel hatte Heinz Erhard 500mal auf der Bühne die Figur des Finanzbeamten Willi Winzig verkörpert (“Ich heiße Willi Winzig und Sie herzlich willkommen!“). Bernd Siegler

1860 München: Hofmann – Vanenburg – Greilich (56. Kientz), Zelic – Cerny, Heldt (80. Jowow), Ouakili (77. Dinzey), Stevic, Tyce – Winkler, Schroth

Zuschauer: 44.600; Tore: 0:1 Schroth (6.), 0:2 Winkler (39.), 1:2 Richter (52.), 1:3 Cerny (55.), 1:4 Dinzey (77.), 1:5 Jowow (86.)

1. FC Nürnberg: Hilfiker – Baumann – Täuber (64. Skoog), Richter – Wiesinger, Störzenhofecker, Polunin (46. Weigl), Lösch, Bürger – Kuka, Ciric (64. Oechler)