Wunschzettel an Mohamed al-Fayed

■ Milliardär soll FC Union übernehmen und damit drohenden Bankrott verhindern

Weihnachten, Zeit der Träume und Wünsche. Beim Fußball-Regionalligisten Union Berlin müssen sie in Erfüllung gehen, sonst könnte dieses Jahr das letzte Frohe Fest im Stadion „Alte Försterei“ sein. Heute abend beraten Aufsichtsrat und Präsidium die prekäre Situtation des mit 4,6 Millionen Mark schier hoffnungslos verschuldeten Vereins aus Köpenick. „Irgendwann machen wir uns strafbar, wenn wir nicht handeln“, beschwört Aufsichtsratsvorsitzender Rolf Dohmen, im Hauptberuf Europa-Manager des Sportartikel- Giganten „Nike“, das Gespenst eines Konkursantrags herauf. Aber im gleichen Atemzug lenkt er seine düsteren Gedanken wieder ab. „Es gibt noch einen Funken Hoffnung.“

100 Bittbriefe hat das neue Präsidium seit Amtsantritt im Oktober an Wirtschaftsunternehmen und Verbände geschrieben. Bisher hagelte es allerdings nur Absagen. „Die Wirtschaft läßt uns schmählich im Stich. Aber ein paar heiße Eisen haben wir noch im Feuer“, erklärt Präsident Heiner Bertram. Man traut es dem preußisch wirkenden Oberstleutnant der Reserve eigentlich gar nicht zu, daß der Mann derart kreativ die PR- Trommel zu rühren versteht.

Mit dem Mute der Verzweiflung startete Bertram eine Aktion, die für Furore sorgen dürfte. Der Ober-Unioner unterbreitete kurz vor dem Christenfest dem schwerreichen Moslem Mohamed al-Fayed, Besitzer des Londoner Kaufhauses „Harrods“ und Vater des an der Seite Prinzessin Dianas tödlich verunglückten Dodi al-Fayed, ein Kaufangebot. Ein „Take-over Offer“ nebst „Image-Mappe“ sind in die Themse-Metropole unterwegs – mit Bitte um „Rapid Contact“.

Die Hoffnung, daß der Ägypter den Köpenicker Krisen-Verein übernimmt, ist realistischer als eine Wiederkehr der heiligen Drei Könige. Al-Fayed senior startete im Frühherbst eine vergleichbare Rettungsaktion, als er den in die Drittklassigkeit abgestürzten Londoner Klub FC Fulham erwarb, den er nunmehr mit viel Geld und Englands Kicker-Idol Kevin Keegan als Manager ins Rampenlicht zurückführen will. „Unser Brief ist zumindest ein Hilferuf, damit sich die hiesige Wirtschaft an uns erinnert“, erklärt Bertram, der ein ähnliches Verkaufsangebot an den steinreichen US-Amerikaner Vladimir Leska richtete, der in seiner tschechischen Heimat Slavia Prag in die europäische Spitze powern möchte. Mit Bitte um freundliche Übernahme!

Da wollen auch die Fans in der Wuhlheide ihrem Präsidenten in nichts nachstehen und versuchen, den angespannten Vereinsetat soweit es geht zu entlasten. Weil zu befürchten steht, daß zahlreiche Union-Spieler wegen der mehrmonatigen Gehaltsrückstände nach Weihnachten zu neuen Arbeitgebern wechseln werden, wollen die Anhänger in der Ende Januar beginnenden Rückrunde notfalls selbst die Kickschuhe schnüren. Hauptsache, der Betrieb geht weiter, wenn es auch eine Rekord- Niederlage nach der anderen hageln dürfte. „Natürlich wäre es Wettbewerbsverzerrung, wenn wir mit unseren Dicken und Fußkranken in der dritthöchsten deutschen Liga antreten“, weiß Fan-Beirat Tino Czerwinski, „aber darüber würde sicherlich ganz Europa reden. Vielleicht erbarmt sich ja dann ein Sponsor.“ Beim Fußball- Verband hat er sich bereits sachkundig gemacht, ob seinesgleichen überhaupt die benötigte Spielerlaubnis erhielte. Die verwunderten Funktionäre schüttelten zwar den Kopf über den schrägen Hilfsplan, konnten die Anfrage allerdings nicht abschlägig bescheiden. Jürgen Schulz