Portrait
: Die Revisionistin

■ Frigga Haug

Eventuell bereits gebackene Geburtstagstorten, dezent verziert in Lila und Rot, wird die Jubilarin nicht entgegennehmen können: Frigga Haug, geboren am 28. November 1937, weilt derzeit als Gastprofessorin in North Carolina. Gastprofessuren anzunehmen, das ist für sie so etwas wie Normalzustand, mußte die Sozialpsychologin nach ihrer Habilitation doch ganze 17 Jahre auf einen „normalen“ Lehrstuhl warten, auf demselben sitzt sie erst seit zwei Jahren an der Hamburger Hochschule für Wirtschaft und Politik. Als Feministin und Marxistin stand sie nicht gerade weit oben auf den Berufungslisten. Aber auch in der autonomen Frauenbewegung und bei den undogmatischen Linken wurde sie als „Revisionistin“ geschmäht, verkörperte sie doch zusammen mit ihrem Mann Wolfgang Fritz Haug eine marxistische Denkschule, die zumindest bis zum Mauerfall harschere Worte gegenüber dem Realsozialismus vermissen ließ.

Den 1959 aus einer Flugblattaktion gegen Wiederbewaffnung hervorgegangenen Argument Verlag und seine „autonome Frauenredaktion“ hat Frigga Haug maßgeblich mitgeprägt. Dortselbst redigierte sie die Reihe „Frauenformen“, das „Forum Kritische Psychologie“, das „Jahrbuch Kritische Medizin“. Die autonome Frauenbewegung, die Frigga Haug höchstens als Stiefmutter akzeptieren mochte, hat ihr dennoch wichtige Impulse zu verdanken: Haug, selbst Mutter einer Tochter, war die erste, die die These in Frage stellte, daß Frauen immer nur Opfer seien. Für ihre These, daß Frauen freiwillig Gattin und Mutter würden und an ihrer Unterwerfung mitbeteiligt seien, erntete sie Anfang der achtziger Jahre noch wütenden Protest.

Seit 1988 fungiert Haug als Herausgeberin der Ariadne- Krimi-Reihe und versuchte sich auch gleich selbst als Krimi-Autorin. Wie der Sozialismus dem Kapitalismus, so folgte dem Band „Jedem nach seiner Leistung“ der Band „Jedem nach seinen Bedürfnissen“. Im ersten Buch wird im Zuge universitätsinterner Querelen ein Professor ermordet, im zweiten deckt eine Gruppe von StudentInnen auf, daß die Hintermänner eines Mordes im Hamburger Hausbesetzermilieu in der verruchten Immobilienbranche zu finden sind. Das klingt ein bißchen wie die Comic-Illustrierung des „Kapitals“, und auch Fans von Frigga Haug geben zu, daß sie als Wissenschaftlerin besser schreibt denn als Krimiautorin. Ute Scheub