Weißblaue Rauten nur für reines Bier

Heute startet in Bayern die Unterschriftensammlung für ein Volksbegehren zur Kennzeichnung von gentechnikfreien Lebensmitteln. Hersteller sollen Kosten zur Untersuchung ihrer Produkte selbst tragen  ■ Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) – Bayern soll als erstes Bundesland ein Gütesiegel für gentechnikfreie Produkte einführen. Eine entsprechende gesetzliche Regelung will ein Aktionsbündnis aus Umweltverbänden, kirchlichen Gruppen, Bündnis 90/Die Grünen und SPD mit einem Volksbegehren durchsetzen. Widerstand gibt es vom Bauernverband und der CSU.

„Wir wollen keine freiwillige Kennzeichnung, sondern ein gesetzlich verankertes und vom Staat garantiertes Gütesiegel“, benennt Hubert Weiger, Landesbeauftragter des Bund Naturschutz, das Ziel. Das Gütesiegel „Gentechnik aus Bayern“ stellt für ihn einen „Akt der Notwehr“ gegen die „unzureichende“ Novel-Food-Verordnung dar, die seit Mai in der EU in Kraft ist.

Um die rechtlichen Voraussetzungen für ein Volksbegehren zu schaffen, müssen im Freistaat von heute an bis zum 5. Dezember 25.000 Unterschriften gesammelt werden. Wenn dann in einer zweiten Stufe noch zehn Prozent aller Wahlberechtigten der Gesetzesvorlage zustimmen, kommt es zum Volksentscheid. „Die 25.000 Unterschriften sind ein Klacks“, meint Weiger. Er will mit über 100.000 Unterschriften ein politisches Signal setzen.

Weder mit Turbohefe gebrautes Bier noch matschfeste Tomaten sollen nach dem Willen des Aktionsbündnisses in den Genuß des Gütesiegels kommen. Nur Lebensmittel, die frei von gentechnisch veränderten Bestandteilen sind und ohne Anwendung gentechnischer Verfahren hergestellt werden, können das kreisförmige Zeichen mit dem weißblauen Rautenmuster tragen. Die strengen Maßstäbe gelten auch für Zusatzstoffe, Aromen oder Enzyme. Nur in Ausnahmefällen können Produkte das Siegel erhalten, wenn bei ihrer Herstellung Reinigungsmittel, Arzneimittel oder Impfstoffe verwendet wurden, die selbst nicht gentechnikfrei sind. Die Hersteller der Produkte müssen dem Gesetzesentwurf zufolge das Siegel von sich aus beantragen und die Kosten des strengen Verfahrens tragen. Entweder beim Landwirtschaftsministerium direkt oder beim vom Ministerium beauftragten Verbänden müssen sie detailliert über ihr Produkt Auskunft geben. Bei falschen Angaben werden Geldstrafen bis zu 50.000 Mark fällig.

Noch vor der Sommerpause war ein entsprechender Gesetzentwurf der Bündnisgrünen im bayerischen Landtag am Widerstand von CSU und SPD gescheitert. Jetzt aber ist die SPD dabei. Da der vom Aktionsbündnis erarbeitete Gesetzestext nun „keine Wertung der Gentechnologie mehr“ beinhalte, habe sich auch seine Partei dem Volksbegehren anschließen können, so SPD-Landtagsfraktionsvize Herbert Müller.

Holger Melzer vom Umweltinstitut München, dem die Koordination der Unterschriftensammlung obliegt, rechnet mit „heftigem Gegenwind“ von Staatsregierung und CSU. Dort wird Gentechnologie stets als „wichtigste Schlüsseltechnologie des kommenden Jahrhunderts“ bezeichnet.