Das Portrait
: Belohnung für den Scharfmacher

■ Joachim Herrmann

Seine Berufung zum stellvertretenden Generalsekretär kam nicht nur für ihn selbst überraschend, sondern auch für die Delegierten des am Wochenende zu Ende gegangenen kleinen Parteitags der CSU in Fürth. Daß Parteichef Theo Waigel ausgerechnet ihm die heikle Mission zutraut, den immer weitere Kreise ziehenden Dauerclinch zwischen Waigel und Bayerns Ministerpräsidenten Edmund Stoiber in Grenzen zu halten, das verstehen viele nicht. Der 40jährige Jurist aus Erlangen war bislang noch nie aufgefallen. Nach seinem Examen arbeitete er zunächst als Regierungsrat in der Bayerischen Staatskanzlei, bevor es ihn in die Privatwirtschaft als Syndikus zur Siemens AG zog. Da hatte er sich schon über den RCDS in den Bundesvorstand der Jungen Union hochgearbeitet. 1990 scheiterte Herrmann bei dem Versuch, in der Siemens-Stadt Erlangen den Oberbürgermeistersessel zu erobern. Er übernahm den Vorsitz der Stadtratsfraktion. 1994 zog Herrmann in den Landtag ein. Wenn überhaupt, fiel der Hinterbänkler dort als Scharfmacher auf. Immer dann, wenn es um den bayerischen Sonderweg im Abtreibungsrecht und um die Abschiebung kurdischer Flüchtlinge ging.

Letztes Jahr managte Herrmann mit Erfolg den Kommunalwahlkampf in seiner Heimatstadt. Der CSU- Mann Balleis wurde OB, die CSU errang die Mehrheit im Stadtrat, und Herrmann war Theo Waigel als umtriebiger Wahlkämpfer aufgefallen. Jetzt folgte die Belohnung. Als stellvertretender Generalsekretär soll er nun dem glücklosen CSU-Generalsekretär Bernd Protzner unter die Arme greifen. Der nimmt es gelassen und betont, „jede Hilfe im Schicksalsjahr 1998 gebrauchen zu können“. „Protzner ist die Nummer eins, ich nur die zwei“, weist Herrmann alle weiteren Ambitionen von sich. Er soll den Landtagswahlkampf leiten und die verschiedenen Parteiebenen koordinieren.

„Von den vielen Gratulanten hat mich keiner um meinen Job beneidet“, räumt der Vater dreier Kinder die Schwierigkeiten seines Amtes ein. Er weiß, daß Protzner als Mann Waigels bei Stoiber kein Vertrauen genießt. Ist er dann ein Mann Stoibers? „Ich bin der Mann meiner Frau“, betont er fast trotzig. Warum die Wahl gerade auf ihn gefallen ist, liegt für ihn auf der Hand: „Es gibt nicht mehr viele Leute in der CSU, die gleichzeitig das Vertrauen von Stoiber und Waigel genießen.“ Bernd Siegler